Kurs Süd… der Sonne hinterher…

Ein schöner Tag auf See… der Nordwind fehlt zwar weiterhin, doch die Thermik schenkt uns eine angenehm gleichmäßige Brise, die uns mit durchschnittlich 5-6 Knoten Speed nach Süden schiebt…

Die Mündung vom Ria de Aveiro kommt langsam in Sicht und das wird auch Zeit, denn wir wollen dort noch vor Einbruch der Dunkelheit für einen Zwischenstopp ankern. Und wir haben die Info, dass dort eine starke Strömung herrscht und es besser ist, mit einlaufender Tide anzukommen… das passt auch prima in unser Timing und wir schaffen es mit 2 Knoten Strom-Unterstützung bis zu unserem Ankerplatz vor Sao Jacinto. Der Anker fällt um 20:10 auf 5 Meter Tiefe… und kurz drauf wird es sehr schnell dunkel… eine ungewohnt kurze Dämmerung… hmm da sollten wir in Zukunft etwas mehr Puffer einplanen… so die Forderung der Bordfrau… machen wir…;-)

Ein sicherer Ankerplatz, aber wegen pendelnder Fischer und Fähren nicht besonders ruhig… doch für eine Nacht völlig ok. Am nächsten Tag ist ab 13:00 wieder Thermik angesagt… perfekt für den weiteren Kurs nach Süden… das wollen wir nutzen und gehen um 12:00 Uhr ankerauf…

Schnell kommen wir mit ablaufender Tide an den vielen kleinen Fischerbooten vorbei, die hier im Fluss zu Dutzenden angeln. Noch vor der Mündung, setzen wir das Groß und erreichen kurz drauf die offene See… Ein Blick aufs AIS zeigt von Norden kommend eine zweite Lady Blue… hej was für ein Zufall… wir haben schon von ihr gehört, aber uns noch nicht getroffen…Da hören wir den Funk-Ruf „Lady Blue… Lady Blue“ für „Lady Blue bitte kommen“… das ist ja lustig und bzgl. der gleichen Schiffsnamen eine absolute Seltenheit. Kurzer Infoaustausch über Funk und irgendwann werden wir uns auch persönlich treffen… 🙂

Erst nach 14:00 Uhr ist die Thermik endlich stark genug, um die große Genua zu setzen und der Motor hat Pause… Ruhe… herrlich… das Wasser gurgelt an der Bordwand entlang und wir machen gute Fahrt. Nur 35 Meilen sind es heute… ein Klacks… und so kommt ein paar Stunden später schon die nächste Flussmündung in Sicht… der Rio Mondego mit seinem bekannten Badeort Figueira da Foz. Über Funk haben wir keine klare Antwort bekommen, wo wir anlegen dürfen… fahren dennoch in den Hafen vor den Arrival-Pier, der mit einem tankenden Schiff besetzt ist und warten… dann endlich eine klare Info über Funk… wir können uns einen Platz am ersten Pier aussuchen… prima… kurz vor 17:00 Uhr liegen wir dort fest.

Uns gefällt der Ort sehr gut und die Liegekosten sind günstig. Das Beste hier ist für uns die riesige Markthalle direkt vor der Marina… insbesondere für Obst, Gemüse und frischen Fisch… Prima und ganz unser Ding… 🙂

Schön ist auch, dass an den nächsten Tagen vier weitere deutsche Schiffe ankommen… alle mit Kindern in unterschiedlichem Alter an Bord… ein Highlight für die Kinder… dabei ist auch die zweite Lady Blue, die wir nun endlich auch persönlich kennen lernen… gemeinsam haben wir einen lustigen Abend im Cockpit der Big Bubble… 🙂  …und wir finden es ganz toll wie diese Familien-Crews die Herausforderungen (teilweise mit Schulunterricht an Bord) bewältigen… super!!!

Das Wetter sitzt uns im Nacken… der Wind soll auf Süd drehen und dann für ein paar Tage so bleiben… das passt so gar nicht in unsere Planung, also nutzen wir am 04.09. die Möglichkeit noch vor dem Winddreher weiter nach Süden in Richtung Lissabon zu kommen… und das bedeutet für uns, Nazaré und Peniche auslassen und einen Nachtschlag mit rund 100 Meilen… machen wir… was soll’s… Hauptsache weiter „Kurs Süd“…

Leinen los um 12:45… und 40 Minuten später steht unser Parasail wieder und schiebt uns mit der inzwischen zuverlässigen Thermik vorbei an Nazarè in Richtung Peniche… Bis 19:30 sind rund 40 Meilen geschafft, doch dann schläft der Wind ein und der Motor muss wieder ran…

Nachts mit Motor… das ist in Küstennähe immer so eine ungewisse Sache, da es hier viele Fischernetzte, Reusen oder Ähnliches gibt, was man im Dunkeln nicht sieht und im Propeller einfangen kann… unsere Lady hat dafür zwar einen starken Leinenabschneider am Prob montiert, doch Probleme kann sowas trotzdem machen… also halten wir großen Abstand zur Küste…. und wir haben Glück…es läuft alles gut… eine klare Nacht die gar nicht so wirklich dunkel wird… der Mond zeigt sich zwar nicht, aber die Sterne leuchten auf uns herab… soweit also alles prima…

Um 05:00 Uhr runden wir Cabo Rosa und nähern uns von Westen Cascais… Es ist nicht mehr weit, doch jetzt wird es unerwartet spannend… Der leichte Schiebe-Wind hat auf Süd gedreht und es zieht langsam Nebel auf… immer dichter… hmm… gar nicht gut… das hatten wir nicht auf dem Schirm und wir sehen zunehmend immer weniger und dann gar nichts mehr… puhh…fühlt sich ganz doof an… Also Geschwindigkeit reduzieren, Bordfrau als zweiten Ausguck wecken und genau Radar und AIS beobachten… so schleichen wir eine halbe Stunde dahin… nur noch wenige Meilen bis Cascais und wir beschließen dort zu ankern. Vor Cascais gibt es eine schöne große Ankerbucht und bestimmt können wir uns da auch bei Nebel reintasten…

Mit zunehmender Nähe zum Land lichtet sich der Nebel etwas und auf der davorliegenden Reede schälen sich gespenstisch zwei große Rahsegler aus dem Nebel… (u.a. die „FRYDERYK CHOPIN“)… dahinter erkennen wir schemenhaft mehrere Schiffe vor Anker und nutzen den Moment, um in das überraschend dichte Ankerfeld einzutauchen und um 06:30 Uhr den Anker fallen zu lassen. Es wird langsam hell… wir sind froh und erleichtert hier zu sein, insbesondere weil sich der Nebel jetzt auch hier wieder so zuzieht, das wir auch die Nachbarschiffe plötzlich nicht mehr sehen. Yeahh… das ist also ganz gut für uns gelaufen… jetzt erst mal ab in die Koje und ausschlafen… 🙂

Um 11:00 ist immer noch dichter Nebel… doch ganz langsam fängt er an zu weichen und die Sonne bemüht sich kräftig, bis er sich dann mittags endlich auflöst und die Sicht auf die Küste und dass gesamte Ankerfeld freigibt. Sehr schön hier zu liegen… zumindest solange der Wind aus Süd nicht zunimmt. Ein uns bekanntes Schiff liegt auch hier… die Tosimotu, die jetzt ankerauf geht, um nach Lissabon zu fahren… kurze Begrüßung beim Vorbeifahren und dann tuckert sie davon… Wir wollen hier noch einen Tag bleiben und genießen den schönen Ankerplatz…

Montag, 06.09.21: Wieder gibt es Nebel… nicht so dicht wie am Vortag… wir warten bis 12:00 Uhr und holen dann den Anker hoch. Unser Ziel ist die Marina Oeiras, die nur 5 Meilen entfernt ist… ein kleiner Geheimtipp, doch man sollte vorher unbedingt einen Platz reservieren, da es ein sehr kleiner Hafen mit nur wenigen freien Plätzen ist. Das haben wir getan und bekommen einen schönen Platz am zweiten Steg…

Von hier aus ist es nicht weit nach Lissabon… 10-15 Minuten zu Fuß am Ufer des Rio Tejo entlang bis zur nächsten Bucht… vor dem Mc Donald die Unterführung unter der Straße durch und dann nach rechts zur Haltestelle „Santo Amaro“… ca. 20 Minuten Fahrtzeit bis zur Endstation… und wir steigen in der Nähe der Altstadt aus… Die Hauptstadt Portugals präsentiert sich hier mit einem großen eindrucksvollen Platz, dem „Praça do Comércio“, der sich zum Fluss hin öffnet… und in die andere Richtung in eine breite Fußgängerzone mündet…

viele Geschäfte und buntes Treiben. In einer der Querstraßen ist auch eine Haltestelle der alten Straßenbahn „Elétrico“ (Linie 28 ist besonders zu empfehlen)… aber sie ist rappelvoll… und so erkunden wir zu Fuß die Stadt… insbesondere die Altstadt mit ihren überwiegend gut erhaltenen alten Bauwerken, Kirchen und der Burg „Castelo de São Jorge“. Es gibt hier auch viele Tuktuks… fast so wie in Thailand… lustig… nur die Preise dafür sind etwas überzogen und die relativ kleinen Runden kann man auch gut zu Fuß machen…

Wir lassen uns treiben… das ist für Lissabon ohnehin die beste Strategie… und die Portugiesen sind sehr nett und hilfsbereit… erklären uns auch, wie wir am besten zum höchsten und für uns schönsten Aussichtspunkt von Lissabon kommen… dem „Miradouro Nossa Senhora do Monte“… die Aussicht ist der Hammer… über die Dächer der Stadt und die historischen Bauwerke hinweg… mit Blick auf den Fluss Tejo mit einer sehr imposanten Brücke, die Ponte 25 de Abril… ein 3,2 km langer Brückenzug, der Ähnlichkeiten mit der Golden Gate Bridge in San Francisco hat.

Wie im Flug vergeht der Tag und wir schlendern bergab über diverse Treppen, kleine und große Straßen, bis hin zum Stadtteil Bairro Alto, wo wir ein sehr schönes Straßen-Restaurant finden… nach einer leckeren Stärkung geht’s dann durch schön beleuchtete Straßen und Gassen zurück zum Bahnhof und nach Oeiras…. ein gelungener Ausflug, der bei uns einen tollen Eindruck hinterlassen hat.

Donnerstag, 09.09.21: Wir wollen weiter nach Süden und legen bereits um 09:00 ab. Im Hafen ist es ruhig… kaum Bewegung und wenig Wind… draußen ist noch für eine Stunde ablaufendes Wasser und der Plan ist, damit entspannt rauszufahren, bevor wir wieder auf Südkurs gehen… Wir schlängeln uns durch die enge Ausfahrt… die Strömung ist sofort gut sichtbar und wir biegen zügig in den Tejo-Strom ein… eieiei… 3 Knoten Strömung… stärker als erwartet… und was ist da voraus???… da kocht das Wasser… die Dünung prallt dort kräftig mit der Strömung zusammen…. das wird interessant… und verflixt ausgerechnet diesmal sind die Fender noch draußen und die Leinen nicht weggeräumt… das rächt sich nun… der kurze steile Seegang nimmt schlagartig deutlich zu… geradeso schaffe ich es noch die Fender zumindest innenbords zu holen und die Leinen zu sichern… und dann geht’s richtig ab…. Der Bug unserer Lady taucht massiv in eine Welle ein… und erste wirklich große Brecher geht voll übers Deck…. Kopf einziehen… wir werden voll überspült und das Wasser rauscht übers Deck. Zum Glück sind alle Luken zu, sonst hätten wir jetzt bestimmt ein paar hundert Liter Wasser im Schiff… jetzt sind wir auf Deck wieder voll eingesalzen… äähh das war nicht so toll… Handsteuerung… aufpassen was noch so anrollt und raus aus der Fahrrinne…. übers Flach nach Süden hinweg und dann nimmt der Spuk langsam ab. Als wir die 20-Meterlinie erreichen ist es wieder ruhig und friedlich… tja so schnell kann‘s gehen mit Tide/Strom gegen Welle/Dünung. Doch unsere Lady ist ein richtiges Seeschiff und kann das schon ab. Nun aber hoch mit dem Parasail, das inzwischen unser Lieblingssegel ist… und weiter Kurs Süd…

12:30… wir passieren gerade das Kap „Cabo Espichel“ als uns ein anderes Schiff auf Funk anruft. Eine Warnung für uns !!!  …genau auf unserem Kurs in Richtung Sines gab es gestern zwei Orca-Angriffe auf Segelyachten… uuhh… sie sind jetzt also in der Nähe… kein gutes Gefühl. Wir entscheiden uns weiter zu segeln… die meisten Angriffe gab es bisher auf Segelyachten die unter Motor fuhren… vielleicht hören sie uns unter Segeln nicht… falls doch, so dürfte unsere Lady mit ihrem Langkiel und gut geschützten Ruder einem Angriff sicher standhalten… ein blödes Gefühl bleibt aber trotzdem… und wir halten scharf Ausschau… ob evtl. eine lange Rückenflosse eines Schwertwals auftaucht…

Da genau voraus… was ist da auf dem Wasser???… Vögel/Möwen???… es sind Basstölpel… ein großer Schwarm… Wir haben gehört, wo Basstölpel sind, sind sehr wahrscheinlich auch Delfine und wo Delfine sind, sind keine Orcas… sehr beruhigend… Der Wind nimmt auf über 14 Knoten zu und unsere Lady fliegt mit dem riesen Parasail mit 7-8 Knoten übers Wasser. Im Spaß denken wir dabei… wenn uns jetzt Orcas sehen, dann denken sie bestimmt, wir sind auf der Flucht… und dann brauchen sie uns ja auch nicht mehr angreifen… ha… aber bisher weiß noch niemand wie diese tonnenschweren Tiere wirklich wirklich ticken… vielleicht wollen sie ja auch nur spielen…

Wir haben Glück… alles läuft prima und wir bergen kurz vor der Hafeneinfahrt von Sines unseren Parasail und gehen vor der Marina vor Anker. Prima, das wäre geschafft. Von der Amazone, die im Hafen liegt, erfahren wir, dass heute etwas weiter südlich 2 weitere Orca-Angriffe stattfanden… oh wie crazy… auf sowas musste man früher nicht auch noch achten… das ist echt doof und wir hoffen das die Orca’s so wie im letzten Jahr bald nach Norden ziehen… dann wäre das südliche Revier, wo wir hinwollen, wieder safe… wir werden sehen…

Die Orca-Angriffe (zumindest die offiziell gemeldeten Fälle) sind über folgenden Link zu sehen: https://www.orcaiberica.org/last-interactions 

Baioña und ab nach Portugal…

Die beiden Marinas von Baioña (Porto Deportivo und Monte-Real-Club) sind bekannt für teure Hafenplätze… aber auch für guten Service und große Hilfsbereitschaft… Wer unabhängig von Strom und Wasser ist, kann jedoch prima geschützt und kostenlos vor Baioña ankern und problemlos mit dem Dingi im Hafen anlanden.

Von unserem Ankerplatz aus ist die Marina Deportiva am nächsten gelegen und wir beschließen dort auch gleich vollzutanken. Der Diesel ist hier reiner Marinediesel (ohne Bio-Zusatz) und kostet derzeit 1,373 € pro Liter… das sind rund 30 Cent pro Liter weniger als in Portugal (das soll an den dort deutlich höheren Steuern liegen)… bei unserem großen Tank (1.000 Liter) lohnt es sich also für uns hier vor dem Törn nach Portugal noch vollzutanken, auch wenn er noch halbvoll ist…

Und wir fragen bei der Gelegenheit auch gleich nach einem Segelmacher, der einen defekten Reißverschluss unseres Bimini’s austauschen kann. Der Hafenmeister vom Porto Deportivo spricht sehr gut Englisch und sagt spontan zu uns einen Segelmacher aus Vigo zu vermitteln. Konkret ist das Angebot, das Bimini am Montag früh abzuholen und spätestens am Dienstag früh wieder repariert zurückzubringen. Klingt verlockend und wir lassen uns darauf ein… Ergebnis nach 3 Tagen und mehrfachem Nachfragen… er kann es nicht reparieren, da er keinen passenden Reißverschluss hat… (und eine fragwürdige Alternative zum YKK-Standard wollten wir nicht)…Tja, den Aufwand hätten wir uns also sparen können… und haben wieder was dazugelernt (Aufträge nur noch mit direkter und persönlicher Absprache…).

Die Zeit haben wir dennoch gut genutzt um den Ort besser zu erkunden… insbesondere sehr zu empfehlen ist eine Wanderung zur Burganlage „Castelo de Monte Real“ die heute als elegantes Parador-Hotel genutzt wird, bzw. dafür wieder aufgebaut wurde… Der schöne umlaufende Weg entlang der Küste hat einen tollen Weitblick über’s Meer und die Bucht… bis zu den vorgelagerten Inseln des Naturschutzgebietes… u.a. der Insel Cies…

Neben der davor liegenden Marina vom Monte Real Club liegt der Nachbau der legendären „Pinta“, einer spanischen Karavelle die unter dem Kommando von Martín Alonso Pinzón zusammen mit der „Niña“ und der „Santa Maria“ von Christopher Columbus 1492 „Amerika – Die Neue Welt“ entdeckte und im Februar 1493 hier als erstes der drei Schiffe wieder nach Spanien zurückfand und die neue Botschaft verkündete. Baiona war damals schon einer der größten und wichtigsten Häfen Galiciens und die neue Kunde machte es damals berühmt.

Auch das leckere Essen bei den diversen kleinen Restaurants in den verwinkelten schmalen Gassen ist ein tolles Erlebnis für Gaumen und Augen…

Auch mehrere gute sortierte Supermärkte gibt es, die ab 50,- € kostenlos bis an den Steg liefern… Wenn man es selbst mitnimmt packen die Kassiererinnen die Waren auch selbst ruckzuck in Taschen… ein super Service, den man aus Deutschland so nicht kennt… In den beiden großen Supermärkten „Eroski“ und “Carrefour“ gibt es auch große Fischtheken, wo es zu sehr günstigen Preisen frischen Fisch gibt, der nach der Auswahl vor unseren Augen geschuppt, ausgenommen und verpackt wird. Das gibt anschließend jeweils ein Festessen und so könnte man es hier auch noch länger aushalten…

Doch wir haben letztlich ein anderes und unerwartetes Problem… der Wind will für unsere weitere Reiseroute nicht mehr so recht passen… konkret hat sich der zu dieser Jahreszeit deutlich vorherrschende „Nordwind“ (Nortada) überraschend verabschiedet und soll auch für die nächsten 10 Tage nicht wiederkommen… hmm… solange wollen wir hier nicht bleiben und suchen nach einer passenden Möglichkeit… evtl. auch einem Mix aus segeln und motoren…

Die Möglichkeit kommt… mit der Aussicht auf ca. 8-10 Knoten Wind von achtern und der Hoffnung das Thermik noch mithilft… evtl. können wir unser Parasail zum Einsatz bringen… das wäre super…

Freitag, 27.08.21 / 07:00 Uhr: Es ist noch dunkel… leichter Dunst hängt über der Bucht… der Horizont liegt leicht im Nebel… ringsum viele kleine Lichter von der fast umlaufenden Küste und diverse Leuchtfeuer blinken, blitzen und funkeln… ein inzwischen vertrauter und schöner Anblick…

Wir frühstücken gemütlich und machen uns startklar… langsam wird es hell, die Sicht besser und wir gehen Anker auf… mit uns noch ein paar andere Schiffe, u.a. auch die uns inzwischen bekannten deutschen Schiffe „Maupiti“ und „Sutje“… wir haben das gleiche Ziel… Kurs Süd und heute mindestens bis „Póvoa de Varzim“… einer kleinen portugiesische Hafenstadt nördlich von Porto.

Wir runden das vorgelagerte Kap und gehen auf Südkurs… der Wind pendelt zwischen 4 und 7 Knoten aus raumer Richtung … nichts Konstantes um Segel zu setzten… immerhin leichter Schiebewind und motoren… Nach ein paar Stunden endlich etwas mehr… wir machen unser Parasail klar… doch es kommt nicht zum Setzen… kurz davor lässt der Wind wieder nach und dreht nach Steuerbord auf fast halben Wind…. naja, immerhin eine Möglichkeit unsere große Genua als Unterstützung zu setzen… das klappt ganz gut… aber es ist mehr motorsegeln als segeln… immerhin besser als nix oder von ganz falscher Richtung…

Mittags überschreiten wir die seeseitige Grenze zwischen Spanien und Portugal…. und haben hier die erste Zeitumstellung unserer Reise… eine Stunde zurück… also UTC+1… :-)… und die Gastlandflagge wird natürlich auch sofort gewechselt… ein neues Land, ein neues Glück… oder so ähnlich… fühlt sich gut an… 🙂

Es bleibt beim Motorsegeln… und wir erreichen um 16:20 die Hafeneinfahrt von Póvoa de Varzim. Kurze Anmeldung über CH09 und wir erhalten als Info das es noch genug freie Plätze gibt. Um 16:40 machen wir an einem der Fingerstege des ersten Schwimmpontons fest. Wenige Minuten vorher haben hier auch schon die Maupiti und die Sutje festgemacht und empfangen uns winkend… 🙂

Hier im Hafen steht nun endlich ein ausführlichen Riggcheck an, der schon überfällig war… der Spiblock-Schäkel am Masttop hatte sich gelockert !!!… wird nun wieder festgezogen und zusätzlich mit zwei Kabelbindern gesichert (wie auch alle anderen Schäkel… gut von unten sichtbar, am nicht abgeschnittenen Ende)… das hat sich also mehr als gelohnt… und von hier oben gibt’s noch einen schönen Rundumblick gratis dazu…

Die Stadt war früher ein sehr bedeutendes Fischerdorf, das sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem bekannten Badeort mit großem Spielcasino gewandelt hat. Fischerei und Fremdenverkehr bestimmen auch heute noch die Szene… allerdings ist an vielen Häusern deutlicher Verfall und Renovierungsrücktand sichtbar… doch es wird auch viel gebaut und renoviert… Der Hafen ist zumindest relativ ruhig und der Hafenmeister sehr hilfsbereit und freundlich.

Wir nutzen die Nähe zu Porto und können von hier aus bequem mit der Metro in 50 Minuten nach Porto fahren… steigen mitten in der Stadt, an der Haltestelle Trinidade aus und von da geht es zu Fuß immer leicht abwärts zum Fluss Douro. Die Stadt ist ein bunter Traum… und sollte auf keinen Fall verpasst werden… sehr schön und anders als die bisherigen Orte… kleine verwinkelte Gassen wechseln sich mit großen Straßen ab… hier fahren Hopp on Hopp off Busse und Straßenbahnen (u.a. auch eine Oldtimer-Straßenbahn) und es ist ziemlich viel los… eben ein absoluter Touristen-Magnet… kein Wunder…

Wir schlängeln uns durch die vielen kleinen kopfsteingepfasterten Straßen und Gassen, lassen uns treiben und futtern bei einem kleinen Restaurant die hier so typischen Francesinha (Toastbrot mit Kochschinken, Chourico-Wurst und Beefsteak, das mit geschmolzenem Käse, sowie einer heißer dickflüssigen Sauce aus Tomaten, Bier und Senf übergossen)… ungewohnt, aber sehr lecker… 🙂

Riesige monumentale Bauten, prächtige Brücken und natürlich auch der hier hergestellte Portwein locken viele Touristen in diese geschichtsträchtige Stadt. Alles sehr sehenswert und genug zu sehen, um einen tollen 3-Tages-Tripp hier zu verbringen. Das mittelalterlichen Viertel Ribeira am Flussufer fanden wir besonders schön…

Von hier geht es über eine Brücke auf die andere Flussseite des Douro…. und gefühlt ist hier die absolute Touristenmeile, da es hier einen Portweinkeller nach dem anderen gibt… Alle bekannten Marken… wir machen natürlich auch eine Portweinprobe mit und sind begeistert… sehr lecker und wirkungsvoll… 🙂 Anschließend noch was Leckers essen und dann geht’s bestens gelaunt auf den Rückweg… Dafür laufen wir nicht mehr den ganzen Berg hoch, sondern können eine andere Metro nutzen, mit Umstieg in Trinidade und von da zurück zum Schiff…

ein sehr lohnender Ausflug, den man gerne wiederholen könnte… doch wir wollen lieber weiter in den Süden…

Verschiedene Wetterberichte und alle sagen weiterhin nur sehr wenig Wind an… hmm… aber zumindest aus der richtigen Richtung… und Dienstag der 31.08.21 scheint für mehrere Tage noch die beste Option zu sein… also aufauf… weiter Kurs Süd… und wir werden mit herrlichem raumen Segel-Wetter bei wenig Welle belohnt… Endlich können wir unseren 168 m² großen Parasail setzen und dann rauscht es nur noch so dahin… viel besser als erwartet…. bei 7-10 Knoten Wind machen wir 5-7 Knoten Speed…traumhaft, wir sind begeistert…:-)

Und dann wird unsere LADY BLUE unverhofft noch ein kleines Rettungsschiff. Auf unserem Achterdeck landet plötzlich eine kleine junge Möwe… völlig erschöpft, mit einer Bauchlandung… sie rappelt sich wieder auf und steht da erstmal 10 Minuten, bis die ersten Schritte wieder gelingen… Ein paar Brotkrümel und etwas Wasser rührt sie nicht an, marschiert aber nach 30 Minuten schon wieder deutlich erholt übers Achterdeck… hinterlässt 4 kleine Häufchen und setzt nach einer knappen Stunde ihren Flug wieder fort… mit einer Ehrenrunde um ihr Rettungsschiff… eine schöne Abwechslung auf See…

Galizien und seine Rias…

Die Region Galicien im Nordwesten von Spanien ist ein sehr abwechslungsreiches Revier… wilde Steilküsten, einsame Buchten, schöne Strände und viele Flüsse, die vom bergigen Innenland bis zur Küste die typischen „Rias“ bilden, an denen malerische Fischerdörfer liegen…

Man bräuchte wahrscheinlich ein paar Monate, um alles richtig kennen zu lernen… doch lieber einige Orte intensiver… dafür weniger Orte… so zumindest unsere Einstellung… also liegen wir immer noch in der Ria de Muros, vor dem Dorf Muros vor Anker… einer der Orte in Galizien, wo man auch gut überwintern kann… ein idyllischer Ort, geschützter Ankerplatz… und auch Delfine kommen uns ab und zu besuchen… wie schön…da kann man es gut aushalten…

Samstag, 14.08.21: Der Wind dreht von N auf NE und frischt auf über 20 Knoten auf… in der Bucht entsteht zunehmend ziemlich kabbeliges Wasser… die Ruhe ist fast vorbei… eigentlich kein Problem, der Anker hält gut und der Wind soll ab 20:00 wieder nachlassen… also wagen wir uns trotzdem noch mal an Land zum Bummeln und Tapas essen… kulinarisch einer der bisherigen Höhepunkte…

Um 21:00 Uhr wollen wir entspannt und rechtzeitig vor Sonnenuntergang wieder zurück und legen mit unserem Beiboot im geschützten Fischerhafen ab… Der Wind hat entgegen der Vorhersage aber nicht nachgelassen… ganz im Gegenteil… Wir tuckern um die schützende Mole und uns kommt eine kurze steile 0,5 Meter Welle entgegen… damit haben wir nicht gerechnet… für unser kleines Beiboot ist das ziemlich viel… Mist… doch was nutzt es jetzt… da müssen wir nun durch… also vorsichtig Gas geben und die angemessene Geschwindigkeit für diese Bedingungen finden… Die Wellen kommen schräg von vorn und jede zweite Welle klatscht über die Schlauchbootwülste und teilweise bis über unser Köpfe hinweg… nicht wirklich schön und von der Bordfrau wird das tapfer mit leisem Stöhnen quittiert… nutzt trotzdem nix… da müssen wir durch, also weiter… und so kommen wir klatschnass beim Schiff an… uahh…ächz… erstmal festmachen, hoch ins Cockpit, die nassen Klamotten ausziehen, duschen, was trockenes anziehen, dann einen großen Schluck aus der Rumbuddel…. ahhh… schon geht’s viel besser…  nun noch das Beiboot hochziehen… fertig… was für eine Action…

Alle anderen Yachten haben sich ans Nordende der Bucht verholt, wo es scheinbar ruhiger ist, nur unsere LADY BLUE trotzt mitten in der Bucht dieser Wetterlaune… Sollen wir jetzt auch noch verholen… grübelgrübel… doch jetzt wo wir fertig sind, lässt der Wind endlich nach und es wird wieder ruhiger in der Bucht… zwei Stunden zu spät, doch was soll’s… jetzt haben wir zumindest den Aufwand mit dem Ankerplatzwechsel nicht mehr…. Also bleiben wir und genießen den ruhiger werdenden Abend. Die Sonne geht hier erst 45 Minuten später unter als in Hamburg… und 1:45 Stunden später auf… ein ganz ordentlicher Unterschied…

Der nächste Tag beginnt fast windstill und wir beschließen spontan einen kleinen Arbeitstag einzulegen… wir wollen endlich unsere Sonnenschutzfolien auf unseren Decksluken aufbringen. Macht ja auch Sinn, wenn es bald immer wärmer werden soll… Das Ergebnis ist sensationell… die Wirkung der Sonneneinstrahlung wird gefühlt um mehr als die Hälfte reduziert… das hat sich also richtig gelohnt… yeahh… 🙂

Montag, 16.08.21: Jetzt geht’s weiter… wir beschließen die nächste Ria (Ria de Arousa) zu überspringen… die vielen dort vorgelagerten Untiefen bedeuten einen Umweg, wofür der Wind ungünstig steht… also gleich die Ria de Pontevedra ansteuern… Die Bilder aus unserem Imray-Revierführer (Atlantik Spain and Portugal) sind vielversprechend… doch Bilder und Realität passen manchmal nicht überein…

Wir biegen um das letzte Kap der Ria und blicken in die sehr schöne Bucht von Punta Seame… allerdings ziemlich voll… doch wir wollen ja eh zur nächsten großen Sandbucht von Sanxenxo, wo auch schon ein bekanntes Schiff, die Tosimotu liegt… Wir nähern uns und schauen irritiert in die Bucht… ohh… da ist sehr viel los… die totale Ballermann-Location… laute Musik… Jetskis brausen dröhnend hin und her… nein, das geht ja gar nicht… zumindest nicht für uns… also 180 Grad kehrt und zurück zur ersten Bucht. Wir ankern ziemlich weit außen auf 11 Meter Tiefe und hier geht’s einigermaßen. Eigentlich liegen wir hier von Wind und Welle ganz gut geschützt…. aber die Dünung die in die Ria steht wird vom gegenüber liegenden Ufer reflektiert und schwappt seitlich in die Bucht… nicht stark aber es reicht für eine schauklige Nacht…. naja….

Das war also keine gute Wahl, deshalb beschließen wir am nächsten Morgen gleich weiter zu gehen… zur nächsten Ria, der Ria de Vigo welche die südlichste Ria ist… Dort steuern wir die Ensenada da Barra an….. und…. es ist ein Volltreffer…. die Bucht ist ein Traum… feinster Sandstrand und bester Sand-Ankergrund… keine Bebauung, kein Ballermann, keine Jetskis…. nur Natur pur… wir sind begeistert… yeahh…

Jetzt am besten gleich eine Runde schwimmen… wir sind ja schließlich wieder ein Stück südlicher gekommen und das Wasser ist bestimmt herrlich… mehr zufällig sehe ich aber vorher noch auf das Wasserthermomete rund traue meinen Augen nicht…. waas???… das kann doch nicht sein…. nur 16 Grad… ohh… das sind ja 5 Grad weniger als in Muros… brrr… das ist uns dann doch zu kalt… schade… aber schön ist es hier trotzdem…

Unser Beiboot ist schnell klar gemacht… Außenborder dran… und erstmals klinken wir auch unsere Slipräder an, um beim Beachen am Strand das Beiboot leichter den Strand hochzuziehen. Das wird jetzt eine Premiere und wir sind gespannt. Das Ufer nähert sich… ein skeptischer Blick trifft mich von der Seite… wird das klappen…. jaa tut es… wir landen easy mit hochgeklappten Außenborder und runtergeklappten Rädern…. ziehen/rollen das Beiboot ein paar Meter den Strand hoch und freuen uns, dass es mit den Rädern so gut klappt. Der Tidenunterschied ist hier noch 3 Meter und wenn das Beiboot nicht weit genug vom Wasser weg ist, kann es sein, das es beim Zurückkommen bereits schwimmt, bzw. weggeschwommen ist…. das können wir so prima verhindern…

Hier gibt es einen sehr schönen Wanderweg, mit ca. 1,5 Km Länge zu einer am Kap vorgelagerten kleinen Sandbucht mit einem kleinen Imbiss. Der Weg geht durch duftende Pinien- und Eukalyptus-Wälder, was mal eine sehr entspannte Abwechslung ist. Von weiter oben haben wir einen prima Ausblick auf die Ankerbucht… und beim Imbiss in der Nachbarbucht gibt es ein paar leckere Tapas und ein kühles Bierchen… Entspannt und beschwingt geht’s zurück zu unserer Bucht… ein sehr gelungener Ausflug.

Der Strand wird hier primär von Nudisten bevölkert… sehr lustig dabei ist, dass ein Großteil mit strammen Schritten den Strand auf und ab läuft… richtig sportlich… na ja zum Schwimmen trauen sich bei den Temperaturen ja auch nur wenige Mutige ins Wasser…

Nach und nach kommen mehrere deutsche Yachten an, u.a. auch die Colette, die mit uns in Lübeck im gleichen Hafen lag und 3 Wochen früher gestartet ist. Wir sagten damals noch, das wir uns sicher irgendwann, irgendwo treffen werden… und jetzt ist es soweit… sehr schön… wir freuen uns und darauf wird auch gleich im Cockpit mit ein paar Bierchen angestoßen und im regen Gespräch ausgetauscht, was jeder bisher schon so erlebt hat… immer wieder sehr interessant…

Freitag, 20.08.21: Am Morgen liegt dichter Nebel über der Bucht… der Wind hat gedreht und kommt nun aus südlicher Richtung über Land als warmer feuchter Wind, der auf dem kalten Wasser kondensiert… der erste Nebel den wir hier haben… doch am späten Vormittag mit zunehmender Sonne lichtet sich der Nebel wieder und wir gehen Anker auf… Kurs auf Baiona… einer der schönsten Städte Galiziens… wir sind gespannt.

Es sind nur 9 Sm und wir tuckern bei wenig Wind gemütlich nach Süden… vorbei an den vorgelagerten Untiefen und der großen Burganlage von Baiona und schon nach knapp 2 Stunden fällt der Anker wieder, direkt vor der langgezogenen Bucht von Baiona… und neben der Marina Deportiva Baiona. Eine prima Ausgangslage, um schnell mit dem Dingi an Land zu kommen. Gesagt, getan… und ruckzuck sitzen wir im Dingi und sausen an Land. Der erste Eindruck von Baiona ist, dass die halbe Stadt eine Fressmeile sein muss… ein Lokal nach dem anderen, enge verwinkelte Gassen… irgendwie ein Mix von Coruña und Muros… mit sehr viel Flair und freundlichen Menschen… hier wollen wir ein paar Tage bleiben… das gefällt uns… 🙂

Tipp zur Anmeldung für die Nationalpark-Inseln:
Der Nationalpark Islas Atlánticas de Galicia (in galicischer Sprache Parque Nacional das Illas Atlánticas de Galicia = „Atlantikinseln Galiciens“).
Man benötigt als erstes die allgemeine Verkehrs- und Durchfahrtserlaubnis (kann man online selbst beantragen oder den Service vieler Marinas dafür nutzen… wir hatten das über die Marina in A Coruña gemacht). Wenn man die Erlaubnis dann per Mail bekommen hat (das kann in der Hochsaison mehrere Tage dauern), dann kann man sich konkret für bestimmte Termine online einbuchen (gültig für bis zu 3 Tage).
– Internet-Seite: https://www.iatlanticas.es/
– Mailadresse: fondeos.iatlanticas@xunta.gal

Wir hatten letztlich auf einen Besuch verzichtet, da die Besuchstermine ziemlich ausgebucht waren und weil wir davon hörten, dass dorthin viele Touristenfähren pendeln und deutlich Schwell in der Ankerbucht verursachen. Außerdem gibt es ja auch noch genug andere schöne Plätze in Galizien ohne Formalitäten. 🙂

Kap Finisterre und die Todesküste…

A Coruña ist ein sehr schöner Ort, wenn man es etwas quirliger haben möchte…  gute Versorgungsmöglichkeiten, leckeres Essen, Shopping…  und an den Wochenenden sogar Open-Air-Rockfestivals… fast wie in alten Zeiten… die überall konsequent getragenen Masken zeigen jedoch den aktuellen Unterschied… Zu empfehlen ist die City Marina (Real Club Nautico), da man von dort die „heiße Meile“ sehr nah hat. Dennoch, nach ein paar Tagen reicht es langsam und wir wollen weiter und irgendwo schön ankern…

Montag, 09.08.21: Noch mal zum Supermarkt und dann ist es schon 14:30 als wir den Hafen verlassen… allerdings haben wir es nicht weit… nur 3 Sm schräg gegenüber in eine schöne und geschützte Ankerbucht. Unser Anker fällt auf 10 Meter Tiefe vor einer überwiegend felsigen Küsten mit Sandstrand. Zurück in der Natur… ein leichter Wind zieht übers Deck, ein Bierchen in der Hand und der Blick schweift über die Ufer und die anderen Schiffe. Eigentlich ganz schön… doch hier gibt es mehrere Ferienanlagen und daher auch viele dröhnenden Jetskis und natürlich auch diversen Motorbootverkehr von A Coruña… Naja… doch nicht ganz Natur… aber für einen Tagesstop mit einer Übernachtung ganz ok.

Der nächste Tag… es gibt weiterhin nur sehr wenig Wind zum Segeln… hier bleiben möchten wir aber auch nicht…. also unter Motor los, in der Hoffnung das noch Wind zum Segeln kommt. Am Ender der großen Bucht von A Coruña steht gut sichtbar und sehr beeindruckend das Wahrzeichen der Stadt. Der Herkulesturm. Ein römischer Leuchtturm aus dem 2. Jahrhundert… er ist noch im Betrieb und gilt daher als das ältestes aktive Sichtzeichen der Seeschiffahrt.

Kurs West liegt an und es geht an einer bizarr schönen Küste entlang… Doch so schön die Küste auch ist, sie trägt einen schaurigen Namen… „Costa de la Muerte“… die Todesküste !!! Zahlreiche Schiffe strandeten oder zerschellten hier schon an den steilen Felsen, diversen Untiefen und scharfen Klippen und viele Seeleute verloren dabei ihr Leben… die Vorstellung ist gruselig und passt heute gar nicht zu dem sanften und schönen Wetter, das wir hier haben… aber besser so als anders…

Der Wind lässt uns ziemlich im Stich (wie angesagt) und kommt erst, als wir schon fast an unserem Tagesziel sind… die geschützte Bucht von Camariñas. Sehr schön und ruhig. Unser Anker fällt bei 6,5 Meter Tiefe… das ist knapp wie sich noch zeigen wird…

Nur wenige Segelyachten liegen neben uns und wir genießen einen herrlichen Abend vor Anker… lecker Essen… lecker Wein… keine Wellen… wenig Wind… es wird eine sehr ruhige Nacht… 🙂

Länger bleiben wollen wir auch hier nicht, da ein Generator an Land doch ein wenig stört… und außerdem ist guter Wind aus der richtigen Richtung angesagt, um das berüchtigte Kap Finisterre zu runden… eine Wetterscheide mit oft rauher See, die wir auch gerne hinter uns lassen wollen… also auf auf und Anker klar machen… Es ist jetzt Ebbe und der Tiefenmesser zeigt nur noch 3 Meter… uups… das ist nicht mehr viel Wasser unter Kiel… so knapp wollen wir das künftig nicht mehr machen…

Die Ankerkette kommt langsam hoch und ist voller Seetang… also immer wieder mit dem Bootshaken abstreifen, was sich eine Weile hinzieht… dann macht es pffthh… pffthh… ich drehe mich herum und da sind doch tatsächlich 2 große Delfine neben unserem Schiff und sehen mir bei der Arbeit zu… unglaublich… sie schwimmen langsam weiter und ich sehe mindestens noch ein halbes Duzend weiterer Delfine… hier am Ankerplatz tief in der Bucht hätte ich das nicht erwartet, doch wie schön… Jetzt also schnell Anker hoch und hinterher… 😉

Am Ausgang der Bucht passieren wir das reizvolle Städtchen Muxía mit der Wallfahrtskirche „Santuario da Virxe da Barca“. 2002 war diese Gegend durch den Untergang des Öltankers Prestige sehr stark betroffen… eine Mega-Umweltkatastrophe… doch davon ist zum Glück nichts mehr zu sehen.

Der angesagte Wind kommt aus ca. 150-160 Grad und so ziehen wir nur die große Genua raus und lassen uns bei rund 20 Knoten Wind ziehen… das ist es… „easy sailing“…. es läuft und rauscht einfach so dahin und auch die 1,5 Meter hohe Wellen sind sehr lang und daher kaum spürbar…

Die Küste zieht an uns vorbei und Kap Finisterre nähert sich… Für viele Jakobspilger gilt das Kap als das Ende des Jakobswegs und früher galt es auch als das Ende der Welt (lateinisch „finis terrae“ = übersetzt Ende der Erde). Wir runden es mit Respekt und in guter Sichtweite… besser könnte es gar nicht laufen, denn von dieser Ecke haben wir schon andere Geschichten gehört, wo es bzgl. Wind und Welle wesentlich unangenehmer war… Neptun ist also mit uns… wie schön… 🙂

Weiter geht es mit südöstlichem Kurs in Richtung der ersten großen galizischen Ria, der Ria de Muros. Nach dem Runden von Pta. Carreiro, mit ein paar gefährlich vorgelagerten Untiefen, erreichen wir den ausgesuchten Ankerplatz, die Ensenada de San Francisco… lustig… wir gehen also vor San Francisco vor Anker… 🙂

Neben uns liegt bereits die Tosimotu vor Anker…. wir hatten schon Kontakt, uns jedoch noch nie persönlich getroffen… das wird jetzt nachgeholt… Susi und Thomas paddeln auf Ihrem Standupboard heran und es gibt eine feuchtfröhliche Begrüßung… sehr schön… 🙂

Die Bucht liegt gut geschützt und lädt zum Baden ein… immerhin 20° Wassertemperatur, was beim offenen Atlantik schon ganz ok ist… noch wärmer wäre natürlich besser, doch das kommt noch… 🙂

Zum Anlanden mit dem Dingi ist es hier nicht so toll (außer beachen)… und so verholen wir uns zwei Tage später in die nächste Bucht und ankern in gutem Abstand zur Marina Muros. Der kleine Ort Muros ist mit einem Wort gesagt… „bezaubernd“… uralte kleine Häuser und schmale Gassen, verwinkelt und urig… noch sehr viel ursprünglicher als A Coruña… die Zeit scheint hier stehen geblieben zu sein. Und natürlich gibt’s viele leckere Tapas-Restaurants…. ein absolutes Muss… und wir schlagen kräftig zu … sehr lecker. 🙂

Die Bucht ist ein schöner und ruhiger Ankerplatz, allerdings sollte man nicht zu nah am Ufer ankern, da dort oft Taucher aktiv sind (sh. blauweiße Fähnchen). Wer in die Marina will, bekommt laut Freunden besten Service von den beiden deutsch sprechenden Hafenmeistern Klaus und Pedro. Wir bleiben aber lieber am Ankerplatz und verlängern noch einen Tag… relaxen ist angesagt… 🙂

Viva España… olé olé…

Zwei Tage vor der Abfahrt… wir sitzen entspannt im Cockpit bei Kaffee und Keksen und genießen den Ausblick. Sehen zu den anderen ankernden Schiffen und bemerken ein rotes Schlauchboot mit drei dunklen Gestalten, das langsam zwischen den Schiffen rumfährt… komisch… nun nimmt es Kurs auf uns und nähert sich langsam… hmm was können die wollen? Sie kommen tatsächlich längsseits und wir haben drei offizielle Beamte des französischen Zolls vor uns. Aha… darum geht’s also… sie bitten an Bord kommen zu dürfen und selbstverständlich gewähren wir… Im Cockpit nehmen alle Platz und der Chief erklärt uns freundlich worum es geht… reine Routinekontrolle, die sie bei ausländischen Schiffen machen. Ok, also die üblichen Standardfragen…. woher, wohin, gibt’s was zu verzollen, Waffen Bord, etc… und auch innen eine Besichtigung aller Kabinen und zumindest ein Blick in zwei Schapps. Alles sehr höflich und begleitet von erstaunlich vielen Detailfragen zum Schiff und wie wir es zu zweit handeln… Wir werden auch vor dem für heute Abend aufziehenden Sturmtief gewarnt und bekommen ein offizielles Protokoll, dass wir „clean“ sind. Fotos dürfen wir von den Beamten keine machen, nur bei Abfahrt wenn ihre Gesichter nicht erkennbar sind… Sie verabschieden sich freundlich und fahren zurück zu ihrem großen Marine-Schiff, das in der Bucht vor Anker liegt. Interessantes Erlebnis…

Samstag, .31.07.21: Ab 13:00 sagt unser Wetterbericht das für uns passende Wetterfenster voraus… doch ein paar andere Schiffe verlassen schon ein paar Stunden früher den Hafen oder den Ankerplatz und nehmen Kurs auf die Biskaya… hmm… sollen wir auch schon früher… der Herdentrieb ruft…

Also 11:30 Uhr Anker auf… ein bisschen Puffer schadet ja nicht… Kette und Anker kommen erstaunlich sauber hoch… kein Wunder bei dem tollen Sandgrund. Wir fahren um die Nordspitze der Halbinsel und setzen das Groß…. Der Wind fällt noch ziemlich weit von vorn ein… also unter 30 Grad und so müssen wir noch eine knappe Stunde motoren, bis wir nach der Passage des Kaps und einiger vorgelagerter Klippen den Kurs ändern, die Genua setzen und den Motor aus machen können. Es geht hart am Wind dahin… eigentlich ganz gut und auch mit prima Speed… doch mit raumen Wind wäre es entspannter … egal… wenn wir dieses Zeitfenster nicht nehmen, dann wird es mindestens eine Woche nichts mehr… also los und die Entscheidung dafür ist richtig… Das haben sich wohl auch mehrere andere Yachten gedacht, deren AIS-Signal wir empfangen… eine schöne Bestätigung…

Mit unserer Windfahnensteuerung haben wir noch wenig Erfahrung und wollen das jetzt in Ruhe angehen… sie ist einsatzklar nachdem wir das Beiboot aufs Vorschiff gelascht haben… UND wir haben die Original-Windfahne der berühmten JOSI aufgesteckt, die bereits alle Weltmeere gesehen hat (Dank an Jürgen & Ingrid)… das muss dann ja klappen… und tut es auch nachdem wir ein bisschen hin und her gestellt haben…. sie hält Kurs… juhuuu… dann wird es jetzt noch ruhiger an Bord… 🙂

Der Horizont wird endlos weit… das Land achteraus immer kleiner und nach ein paar weiteren Stunden gibt es ringsum nur noch Wasser… herrlich weit weg von allen Sorgen und Problemen, die es derzeit so an Land gibt… das interessiert alles nicht mehr… hier draußen gibt es andere Prioritäten…

Wer macht wann die erste Wache… wer geht wann in die Koje… Essenszeiten… Wachwechsel… Pausen… usw… Gerti hat lecker vorgekocht und so brauchen wir das Essen nur noch warm machen, was für einen 3-Tages-Törn auch easy machbar ist…

Nachts gehen wir 3-Stunden-Wachen… wobei bei guter Fitness Zugaben freiwillig möglich sind… also sehr individuell und nach persönlicher Verfassung… das hat sich gut bewährt… Die erste Nacht ist ruhig, nur der Amwindkurs und eine seitliche Welle stören ein wenig…. UND wir werden weiterhin beide von der Seekrankheit verschont… wie schön… 🙂

Dann plötzlich in der dahingleitenden Ruhe „Flachwasser-Alarm“…. uups… wie kann das sein…???   Wir haben hier mehrere hundert Meter Wasser unter uns und noch weiter draußen sind es ein paar tausend Meter…alles freies Wasser… hmm… dann müssen das wohl sehr große Fischschwärme oder Wale sein, die dicht unter unserem Schiff schwimmen… spannende Vorstellung… es dauert nicht lange und wiederholt sich noch ein paar mal. Für die großen Fischfangflotten hier also wohl noch ein lohnendes Revier…

Die erste Nacht vergeht schnell und ohne weitere Vorkommnisse. Schon ist der nächste Morgen da… etwas unausgeschlafen gibt’s Frühstück und wir spüren, an den Rhythmus müssen wir uns erst noch gewöhnen… wird schon werden…

Daa !!!… ein lauter Ruf von Gerti… „WAAALE“!!! … ich fahre erschrocken hoch und sehe noch den breiten/hohen Sprühnebel, den nur ein Wal so ausblasen kann… Es sind zwei Wale, nicht weit steuerbord voraus… die langen breiten Rücken kommen aus dem Wasser und tauchen geschmeidig wieder ab… dazwischen immer wieder das mächtige Ausblasen einer hohen Sprühnebel-Fontäne…. Faszinierend… Es dauert leider nur wenige Minuten bis diese tollen Tiere wieder weg sind… doch wir sind jetzt hellwach und begeistert. Ein paar Stunden später noch zwei weitere Walsichtungen, allerdings weiter weg und sie waren auch schnell wieder verschwunden…  Jetzt spüren sie wieder… diese besondere Magie… die von diesem endlos weiten Ozean, dem Atlantik auf uns über geht… 🙂

Am Nachmittag dreht der Wind langsam nördlicher und kommt halb bis raum… die Wellen werden ruhiger und wir können ausbaumen… In dieser neuen Segelstellung geht es sehr entspannt in den Abend und durch die zweite Nacht… es kommt schon fast Routine auf… wir sind mitten auf der Biskaya und haben nach 175 SM fast Halbzeit… 🙂 …gut werden über AIS zwei weitere deutsche Schiffe mitten auf der Biskaya sichtbar… wir sind nicht allein… 😉

Aber wir haben kein wirklich stabiles Wetterfenster… und wissen das der Wind weiter drehen und nachlassen wird… um dann einen weiteren Tag später auf SW umzuschlagen und deutlich aufzufrischen. Davor müssen wir unbedingt im Ziel sein… Wir ändern mehrmals die Segelstellung und hoffen auch den Rest noch (zumindest langsam) segeln zu können. Doch was ist das…??? …merkwürdige Wellen kommen im Laufe des Nachmittags auf … sie entwickeln sich trotz nachlassendem Wind chaotisch und kommen zunehmend von einer ganz anderen Richtung als die Windsee… Bei dem wenigen Wind und der miesen Welle, schlagen die Segel nun immer wieder herzzerreißend… uaahh…so kann das nicht bleiben… Also Segel weg und die restlichen 55 SM motoren. So geht es in die dritte Nacht… Keiner von uns kann wirklich schlafen… das Schiff rollt und geigt kräftig in alle Richtungen… was in den Schubladen und Schapps nicht festverstaut war, lässt das jetzt deutlich hören… eine ungewohnte „Musik“ und Deck… immerhin verhindern die Leesegel das wir nicht aus den Kojen fallen… Naja… das war so nicht auf dem Plan… doch das geht auch vorbei… Wach bleiben wir diese Nacht ohnehin auch durch die vielen Fischerboote, die uns teilweise sehr nah kommen… unglaublich was hier alles unterwegs ist und wir müssen gut aufpassen damit wir frei von ihnen bleiben.

Im Morgengrauen nähern wir uns der spanischen Küste, deren östlicheren Bereich wir am Vortag schon am Horizont gesichtet haben… ein paar Fischerboote ziehen an uns vorbei, begleitet von zahlreichen Möwen. Zeitlich haben wir unsere Geschwindigkeit so reduziert, dass wir nicht im Dunkeln ankommen und so passieren wir um 06:30 Cabo Prior und die Hafenmole von A Coruña um 08:00 Uhr. Anmeldung bei Port Control (der in einem hohen Doppelturm auf der Mole sitzt) und der Marina. Wir bekommen einen schönen Platz am ersten Steg in der City-Marina (Marina Real) zugewiesen. Auch hier hilft ein sehr freundlicher Mariniero beim Anlegen und nimmt die Leinen an. Toller Service, den wir so aus deutschen Häfen nicht kennen… Bravo…

Yeahh… wir haben also die Biskaya geschafft… sie liegt hinter uns… war gar nicht schlimm… Wichtig ist einfach ein guter Wetterbericht und Geduld… dann ist alles ziemlich easy… 🙂

Nun erstmal ausgiebig Frühstücken, beim Hafenmeister anmelden, ein kurzes Nickerchen… und dann freuen wir uns schon riesig auf die vielen leckeren Tapas… leckeren Wein… usw… UND es ist hier deutlich wärmer als in Frankreich… herrlich… richtiges Urlaubsfeeling kommt auf und so werden wir erst mal ein paar Tage relaxen und ins spanische Flair eintauchen…

Alle (fast alle) tragen hier auch im Freien Masken… eine unglaubliche Disziplin… und mit Blick auf die hohen Coronazahlen ist das auch offiziell so vorgeschrieben, wenn nicht ein Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten werden kann. Wir halten uns an diese „Spielregeln“ und können es trotzdem genießen, da scheinbar deutlich weniger los ist, als vor Corona… ein für uns zumindest kleiner Vorteil.

Zahlreiche kleine verwinkelte Gassen… alte bunte Häuser… viele kleine Tapas-Tabernas… beste Einkaufsmöglichkeiten… sehr liebenswerte und hilfsbereite Menschen… wunderbar… hier lässt es sich aushalten…

…und der August ist in A Coruña ein ganz besonderer Feiermonat, zu Ehren der Heldin María Pita. Sie gilt als Heldin im Kampf gegen Francis Drake, der im Dienst der englischen Krone im Jahr 1589 mit mehreren Schiffen A Coruña attackierte, jedoch nicht einnehmen konnte.

Da feiern wir mit… da sind wir dabei… Yeahh…

Der Atlantik ruft… wir kommen…

Sonntag, 25.07.21: Der Wecker klingelt um 05:00… uhh… gähn… das ist so gar nicht unsere Zeit zum Aufstehen, doch wir haben einen langen Weg vor uns und wollen abends da sein. Also hoch und in Ruhe klar machen zum Auslaufen… es lohnt sich bestimmt…

Ein erster Blick aus dem Cockpit… ohh… was ist das???  Dichter Nebel im Hafen… hmm… nicht schön… doch was soll‘s… wir haben ja AIS und Radar…

Nach einem leckeren Frühstück… Motor an und ablegen… es ist kurz nach 07:00 Uhr… wir kommen gut aus der hinteren Ecke unseres Liegeplatzes raus und verlassen langsam den Hafen… Mehr als 3 Schiffslängen voraus sieht man nichts… nur eine weiße undurchsichtige Wand… Vorsichtig nehmen wir Kurs auf die vorgelagerte Insel „Ile de Baz“ und passieren sie östlich… die anderen Schiffe können wir gut über AIS und Radar sehen… und langsam wird die Sicht auch immer besser… prima.

Nördlich der Ile de Baz geht das Großsegel hoch, doch da der Wind unter 30° reinkommt, muss der Motor vorerst noch weiter unterstützen… ein insgesamt gemütlicher Start und die See ist ruhig.

Dadada… was ist da im Wasser… Delfine… ja eine ganze Schule davon… juhuu… die ersten Delfine auf unserer Reise… und Gerti hat sie zuerst entdeckt. Sie sehen aus wie Weißstreifen-Delfine und begleiten uns bestimmt 10 Minuten, schwimmen und springen kreuz und quer um unsere LADY rum… herrlich und immer wieder schön anzusehen.

Die Tiden-Strömung ist wieder gut mit uns und bereits um 12:00 können wir die Untiefenbank „ Plateau de Lizenn Wenn“ nördlich runden. Ab hier können wir einen etwas südlicheren Kurs nehmen und so passt es endlich zum Segeln… also Motor aus und gemütlich weiter segeln. Viel Wind ist nicht da, doch es reicht, das wir gut vorankommen…

Um 15:15 passieren wir den 28 Meter hohen Leuchtturm „Le Four“, der auf einer Granitinsel mit 25 Meter Durchmesser steht. Diesen Leuchtturm kennen wir von einem 3er-Bild (Jean Guichard), wo sich bis zur Spitze spektakulär die Wellen brechen. Man kann sich bei der gerade ruhigen See kaum vorstellen, was es hier zur falschen Zeit für unglaubliche Gewalten gibt…

Und dadada sind sie wieder… jeahh… Gerti sichtet erneut Delfine… mindestens ein Dutzend… diesmal scheinen es die großen Tümmler zu sein, die bis zu 4 Meter lang werden können… es sind die größten Delfine, die wir je gesehen haben… sie begleiten uns auch eine ganze Weile und kommen bis zur Hälfte immer wieder aus dem Wasser… und es sieht so aus als ob sie uns genau ansehen und begutachten wollen… ein schönes Gefühl so nah mit der Natur und diesen herrlichen Tieren verbunden zu sein.

Gemütlich passieren wir um 19:15 den Leuchtturm „Vieux Moives“ und können um die Ecke direkt Kurs auf die Halbinsel Crozon mit der Bucht von Camaret sur mer nehmen. Dort läuft gerade die Tosimotu mit Susi und Thomas aus, mit denen wir noch kurz Funkkontakt haben und eine gute Biskaya-Überquerung wünschen. Wir werden etwas später folgen…

Um 21:00 Uhr fällt unser Anker vor Camaret-sur-mer und wir freuen uns da zu sein. Endlich wieder ankern und bei herrlichem Sonnenuntergang genießen wir unseren Sundowner…

Camaret-sur-mer ist ein kleiner Fischerhafen, mit belebten kleinen Gassen, farbenfrohen kleinen Häusern und auffallend vielen kleinen Künstler-Ateliers. Am Strand davor liegen schön aufgereiht mehrere alte Fischkutter-Wracks, die nur noch als Fotoobjekte dienen und vorm Hafen ein auffallend ockerfarbenen Turm, der auch als der „goldene Turm“ bezeichnet wird und zum Unesco-Weltkulturerbe zählt.

Die Gegend läd auch zum Wandern ein und von der Anhöhe oberhalb der Stadt hat man einen tollen Blick auf die Biskaya und tolle Buchten mit Sandstränden und türkisfarbenen Wasser… einfach malerisch schön. Einladend ist der Strand auch zum Baden… doch bei nur 17° Wassertemperatur lassen wir das lieber…

Der Blick in diese herrliche blaue Weite… magisch… die gefürchtete Biskaya und der endlos weite Atlantik… liegen vor uns und rufen nach uns… wir kommen… mit großen Respekt und wir freuen uns…

Noch ein paar schöne Tage vor Anker… mit dem Beiboot in den Hafen… ein paar Reparaturen (u.a. die Toilette…. Details erspare ich euch hier…)… und täglich nach Wetterfenster Ausschau halten, wann wir über die Biskaya können… das Fenster kommt… und nachdem ein kleines Sturmtief durch ist (war vor Anker ziemlich rollig…), wollen wir am Samstag den 31.07.2021 über die Biskaya starten… wir sind sehr gespannt wie’s läuft…

Roscoff… und ein letzter Abschied

Dieppe war sommerlich warm und sehr schön… doch wir wollen ja weiter… und dazu brauchen wir Wind… der aber ließ auf sich warten. Die gleiche Hochdrucklage die uns dieses schöne Sommerwetter bescherte, sorgte auch für den fehlenden Wind… und so werden es 4 Tage, die wir in Dieppe verbringen. Dabei lernen wir auch ein paar Crews von anderen Schiffen kennen, die auf der gleichen Route sind wie wir… prima, denn wir werden uns bestimmt noch öfter treffen…

Mittwoch, 21.07.21: Der Wetterbericht hat ab 23:00 Wind aus der richtigen Richtung angesagt… endlich… zwar nur 10 Knoten, doch zunehmend und dann ist es auch für unsere schwere LADY ausreichend. Wir beschließen abends um 20:00 auszulaufen, da es zeitlich auch gut mit der zu erwartenden Tiden-Strömung zusammenpasst. Ziel mindestens Cherbourg und wenn’s gut läuft dann weiter bis Roscoff. Also mindestens eine Nachtfahrt. Das passt gut und Marcus ist eine tolle Unterstützung… so ist es mit den Nachtwachen auch ganz easy. Mit uns läuft auch noch die Thetis von Ellen und Stefan mit dem gleichen Ziel aus… Immer schön, wenn man noch einen zusätzlichen Kontakt auf See hat.

Noch liegt das Meer spiegelglatt und bleiern vor uns… in ein paar Stunden soll der Wind kommen… hoffentlich… solange motoren wir langsam in die Nacht hinein… Ein herrlicher Sonnenuntergang spiegelt sich auf dem glatten Meer… alles sehr sanft und ruhig… nur das Brummen des Motors stört… Wo bleibt er nur der Wind… nichts kräuselt sich auf dem Wasser… nichts kündigt ihn an… also weiter motoren… leider die ganze Nacht…

Dann am nächsten Morgen… endlich kommt er… 8-10 Knoten… nicht viel aber vielleicht was für unser neues CodeZero-Segel… das probieren wir gleich nach dem Frühstück aus… Der Wind dreht leicht, fällt viel zu raum ein und lässt auch wieder nach… so wird das nix… Nach einer halben Stunde holen wir das Segel wieder ein und motoren weiter… na ja… einen Versuch war‘s wert. Aber dann gegen Mittag… endlich !!! …wir baumen beide Genuas aus und segeln fast platt vor dem Wind… das läuft fast so schnell wie unter Motor… yeahh, so kann’s weitergehen…

Und es geht so weiter… der Wind nimmt bis auf 16 Knoten zu und wir rauschen mit der passenden Tiden-Strömung mit 8-9 Knoten Speed dahin… wunderbar. Um 14:30 haben wir Cherbourg backbord querab und unser Mindestziel erreicht… da es aber so gut läuft, nutzen wir diese Gunst und lassen es weiter laufen…

Das „Cap de la Hague“ können wir so noch mit der Strömung runden, was hervorragend ist, da die Strömungen nach dem Cap in Richtung Kanalinseln bis zu 6 Knoten gegenan sein können …das ist dann nicht mehr lustig, zumal sich dabei auch sehr starke Wasserturbulenzen entwickeln… Bei uns passt aber alles und es geht mit sehr angenehmen Schiffsbewegungen in den Abend… wir können sogar mit ausgeklappten Cockpittisch entspannt unser Abendessen beim Sonnenuntergang genießen… was für ein schöner Moment und wir sind klar für die zweite Nacht. Doch es soll nicht so bleiben… der Wetterbericht sagt zunehmenden Wind an und für den frühen Nachmittag des nächsten Tages Gewitter mit Regen und Starkwind. Da sind wir dann hoffentlich schon im Hafen…

  • Gegen 22:00 Uhr dreht der Wind auf Ost und eine der beiden Genuas fällt ein… also entweder Kurs ändern oder die Segel. Wir nehmen die kleine Genua und beide Bäume weg und setzten das Groß dazu… so sollte es passen und wenn es nachts wirklich stärker bläst, können wir die GE einfach wegrollen. Mit dem letzten Tageslicht steht die neue Segelstellung und die erste Nachtwache beginnt…

Es ist 02:00 morgens als der Wind deutlich auffrischt und auf über 20 Knoten ansteigt… zeitgleich sorgt ein großer Fischkutter mit wechselnden Kollisionskursen für Unruhe… die Wellen sind deutlich höher geworden und die Strömungen die Wind gegen Tide hervorrufen sind deutlich spürbar… So schnell kann ruhiges Segeln auch wieder vorbei sein… Wir reffen die große Genua um mehr als 2/3 weg und peilen angestrengt den Fischer… und langsam entspannt sich die Lage wieder. Später hören wir von anderen Crews ähnliche Erfahrungen mit den Fischern in dieser Gegend… man könnte fast meinen, dass es keine Zufälle sind… jedenfalls sollte man hier immer gut Ausschau halten!

Gegen Morgen nimmt der Wind wieder etwas ab und wir können wieder voll ausreffen. Wenig Schiffe sind zu sehen aber eines ist etwas ganz Besonderes… es ist die Bureau Vallée 2, der IMOCA-Gewinner des Vendée-Globe 2016 und Dritt-Platziere der Vendée Globe 2021. Mit seinem Speed können wir zwar nicht mithalten, doch es läuft gut und wenn’s so bleibt, können wir fast 2 Stunden früher als erwartet Roscoff erreichen.

Tatsächlich… wir schaffen es, bergen die Segel im Vorhafen und bekommen vom Hafenmeister einen guten Platz im Hafen zugewiesen. Dieser liegt allerdings in der hintersten Ecke vom ersten Steg und der Wind steht quer drauf… also Vorsicht und ganz langsam!!!… wir kommen gut rein und ein paar helfende Hände unterstützen uns vom Steg aus. Prima und wir freuen uns, dass wir gut fest sind.

Nur 15 Minuten später beginnt es leicht zu regnen… wie schön, dass wir schon sicher und im trockenen sind. Es sollte aber wie angekündigt noch mehr werden… Nach einem kleinen Windverschnaufer briest es dann richtig auf… der Wind pfeift durch den Hafen und die Schiffe neigen sich zu Seite. Für die jetzt reinkommen Yachten wird es spannend… es ist Hafenkino angesagt… und wir sehen das Unheil in Zeitlupe kommen. Eine einfahrende Yacht scheint die Situation nicht im Griff zu haben, fährt viel zu schnell und kommt den seitlichen Schiffen immer näher… die Nackenhaare stellen sich auf… man mag gar nicht hinsehen… das geht nicht gut… ein Versuch zum Drehen scheitert und sie touchiert drei festliegende Yachten… es kracht schaurig und alle wollen helfen… aber wie….? Jetzt kommt sie in unsere Richtung und hält mit dem Bug mittschiffs auf das hinter uns liegende Schiff zu… es droht großer Schaden… der Skipper der Unglücksyacht gibt nun endlich stärker rückwärts… Abstand nur noch ein halber Meter… drei Männer drücken den Bug vom hinter uns liegenden Schiff mit aller Kraft weg… damit nähert er sich allerdings unserem Heck bis auf weniger als 1 Meter… wir drücken mit vereinten Kräften auch von unserem Heck weg und dann endlich die dringend benötigte Hilfe… der Hafenmeister hat mit seinem starken Schlauchboot die Yacht am Haken und zieht sie langsam in die Hafenmitte… Puhh… Glück gehabt…. aber das Spiel ist noch nicht zu Ende… kurz drauf kracht die Yacht rückwärts auf der gegenüberliegende Seite mittschiffs in eine weiter Yacht… und dann irgendwann hat das Ziehen und Bugsieren mit dem Hafenmeister-Schlauchboot Erfolg und die Yacht ist endlich fest. Andere Yachten sind in der Situation im Vorhafen geblieben bis der Wind nachlässt… das war sicher die bessere Variante…

Der restliche Tag verfliegt schnell und wir genießen noch einen letzten gemeinsamen Abend, denn morgen muss Marcus leider zurück nach Hause… ein langer Weg steht ihm bevor, beginnend mit dem Bus von Roscoff nach Morlaix, dort weiter mit dem Zug nach Paris, von Paris über Frankfurt nach Hamburg…ca. 15 Stunden Reisezeit. Der Abschied am nächsten Morgen fällt schwer… doch es nutzt nix und mit dem ersten Morgen-Bus geht’s für Marcus zurück nach Hause wo ihn seine Frau und sein Sohn schon sehnsüchtig erwarten… alles klappt prima und für uns geht die Reise nun allein weiter…

Roscoff ist ein schöner kleiner Ort an der Nordküste der Bretagne… mit einem sehr ursprünglichen Charme…  viele sehr alte kleine Häuser, überwiegend noch in der damaligen Naturstein-Bauart ohne Putz und sehr gut erhalten oder renoviert… ein typisch bretonischer Ort in dem die Zeit stehen geblieben scheint.

Vom Hafen aus fährt ein Bus zum Ort und macht darüber hinaus eine kleine Rundtour durch die umliegende Gegend… für Gäste kostenlos, was ein sehr schöner Service ist (er hält auch direkt vor einem außerhalb liegenden großen Supermarkt). Wir nutzen ihn und genießen den Ausblick und einen anschließenden leckeren Imbiss im Hafen.

Zurück an Bord holen wir uns den aktuellen Wetterbericht und sehen für den nächsten Tag ein gutes Wetterfenster für die weitere Fahrt. Der Atlantik liegt vor uns… und wir wollen gerne nach Camaret sur mer, was für uns der ideale Absprungort für die Biskaya-Überquerung sein soll…

Frankreich… wir sind da…

Nach dem ungeplanten Arbeitseinsatz in Zeebrugge, haben wir von Belgien nicht mehr viel gesehen… Zeebrugge ist zwar nicht der Hingucker, doch die Leute hier sind alle supernett und hilfsbereit, die Marina ist sehr gepflegt und das Wlan-Netz top. Brugge soll sehr schön sein… vom Hafen aus einfach mit dem Zug zu erreichen und zur Besichtigung einen ganzen Tag einplanen… so der Tipp den wir bekamen. Die Versuchung war groß noch einen Tag zu bleiben, doch ein Blick in die Wetterprognose zeigte uns, dass der Wind nach Frankreich gut steht…. also entscheiden wir uns für den günstigen Wind…

Donnerstag, 15.07.21: Klar zum Ablegen… es ist 08:30… die Nachbarn wünschen gute Reise und der Hafenmeister hilft freundlich winkend die Leinen zu lösen. Wir fahren hinaus in den Vorhafen und merken schnell… der Wind hat bereits hier die angesagten 24 Knoten (in Böen sind bis 29 Knoten angesagt)… also Groß ins 2. Reff und mit Motor den Hafen hinaus… Der Wind kommt in der Einfahrt genau von vorn… begleitet von bis zu 1,5 Meter hohen Wellen, die kurz und steil sind… Der Bug taucht immer wieder kräftig ein… Gischt spritzt über das ganze Deck und salzt uns innerhalb weniger Minuten voll ein… dennoch taucht unsere Lady weich in die Wellen ein, so dass unter Deck nichts klirrt oder scheppert… das ist schon mal gut… trotzdem schaut die Bordfrau den Skipper zweifelnd an und hofft, dass es so nicht den ganzen Tag geht…

Es dauert ca. eine Stunde bis wir aus dem engen Fahrwasser mit dicken Pötten und nach einer langen Linkskurve raus sind … jetzt sind Wind und Welle günstiger und wir setzten die kleine Genua mit 2/3 dazu, Motor aus und so laufen wir stark gerefft schräg an den Wellen hinaus. Die Tide ist günstig und die SOG (speed over ground) geht teilweise auf bis zu 10 Knoten hoch… Das macht Laune und auch die über Deck wehende Gischt wird weniger… die Fahrt ruhiger und der Blick der Bordfrau entspannter…. Der Kurs führt weit backbord vom Hauptfahrwasser durch die Gassen mehrerer Sandbänke bis Calais… dann steuern wir auf‘s Kap zu und wie angekündigt lässt hier der Wind deutlich nach… wir können voll ausreffen und nach einem Winddreher auch das Vorsegel ausbaumen… so läuft es sehr ruhig und stabil dahin… ABER… die Tide macht die Nordsee sehr besonders… sie läuft leider nicht immer mit, sondern in Abständen von ca. 6 Stunden auch in die andere Richtung… ein ewiges hin und her… so tauschen wir langsam die 2 Knoten Schiebestrom gegen bis zu 3 Knoten Gegenstrom ein und die SOG sinkt bis auf teilweise unter 4 Knoten Fahrt… Tja, das macht die Berechnung der Ankunftszeit schwierig und wir haben uns um über 2 Stunden verrechnet… dennoch kommen wir noch bei Tageslicht um 22:00 in Bologne sur mer an. Anmeldung bei Port-Control auf CH12 und dann bei der Marina auf CH9. Einreise absolut easy… keinerlei Kontrollen… keine Tests…

Der Hafen ist ziemlich voll, doch der Skipper der Triton (eine deutsche HR38) winkt uns, neben ihm längsseits zu gehen und hat schon Fender ausgebracht. Sehr freundlich und prima Seemannschaft. Inzwischen ist es 22:30 und wir lassen den Tag etwas müde bei kühlen Drinks ausklingen…

Nächster Morgen… Anmeldung im Port-Office… dann geht‘s auf den genau gegenüberliegenden Fischmarkt. Hier wird von kleinen Fischerfamilien alles angeboten, was die Nordsee bietet… und wir decken uns für den Abend mit lecker frischen Fisch und Gambas ein… das wird ein Festessen…

Faszinierend ist der hier deutlich sichtbare Tidenhub… die Fischerboote liegen wie wir auch an Schwimmstegen, die alle 6 Stunden mehr als 6 Meter hoch und dann wieder nach unten gehen. Die Gangway am Stegende geht einmal ganz steil nach oben und nach der nächsten Tide ist sie wieder fast waagerecht… sehr beeindruckend…

Mit dem freundlichen Skipperpaar der Triton gibt es einen interessanten Infoaustausch… sie waren mit ihrer HR38 schon mal 2 Jahre auf Langfahrt und haben viele Tipps und Hinweise… Wir vereinbaren am nächsten Morgen um 08:00 gemeinsam auszulaufen und als nächsten Hafen Dieppe anzusteuern… der Wind soll gut werden und das sieht nach einem schönen Segeltag aus…

Samstag, 17.07.21: Pünktlich um 08:00 startet der Motor… wir sind klar zum Ablegen. Auch die Triton ist startklar… Leinen los und mit langsamer Fahrt geht’s Richtung Vorhafen… das Groß geht hoch und wir verlassen den Hafen. Heute haben wir das genaue Gegenteil der letzten Hafenausfahrt… sehr entspannt und der Wind kommt schräg von achtern… da bleibt alles trocken und die Crew freut sich. Der Wind hat heute nur 12 Knoten aus NNE und wir können unsere große Genua ausbaumen. Wie ein großer weißer Schmetterling gleitet LadyBlue nun dahin und macht gute Fahrt… völlig entspanntes Segeln… und auch die Temperaturen sind sehr angenehm…

Den Kurs nach Dieppe nehmen wir als leichten Bogen, fahren weit auf See raus und bekommen den angekündigten Winddreher so mit, das wir bis vor Dieppe die Segelstellung nicht mehr ändern müssen. Das ist prima… auch wenn der Wind ein paar Meilen vorm Hafen fast einschläft und wir die letzte Stunde motoren müssen.

Vor der Hafeneinfahrt sehen wir 3 roten Lichter(!) und bitten Port Control auf CH12 um Einfahrtserlaubnis, doch wir werden gebeten zu warten… Eine große Fähre macht sich gerade zum Auslaufen klar und die sollen wir westlich der Ausfahrt abwarten… aufgestoppt dümpeln wir vor der Hafeneinfahrt und der jetzt stärker zu spürende Seegang klatscht die Wellen spritzend unters Heck… doch es dauert nur 10 Minuten bis sich die dicke Fähre durch die Einfahrt schiebt und wir grünes Licht und über Funk das „go“ bekommen… Wir melden uns über CH09 auch bei der Marina an und werden an den Stegen von einem Marinero im Dinghi erwartet, der uns zu unserem Platz eskortiert… prima Einweisung ohne langem suchen und anschließend noch persönliche Begrüßung an Steg… toller Empfang…

Dieppe ist bis jetzt zwar der teuerste Hafen (47,- € pro Nach) und das Wlan-Netz funktioniert leider nicht… doch es ist dafür sehr schön… eine alte eingewachsene Stadt an der Alabasterküste (das erste Seebad Frankreichs) mit einer erhöht liegenden sehr schönen Burganlage und einlaufend Backbord thront auffallend die Chapelle Notre-Dame-de-Bonsecours, eine schöne kleine Kirche die für Seeleute und Fischer errichtet wurde, die ihr Leben auf dem Meer verloren haben.

Im Hafen und und den vielen kleinen Gassen der Stadt pulsiert das Leben und ein Restaurant neben dem anderen lädt an der Promenade zum Verweilen ein und lecker essen ein… hier kann man es auch ein paar Tage mehr aushalten… und auch einen tollen Fischmarkt gibt es genau gegenüber mit allen Leckereien des Meeres… 🙂

Servus Deutschland… „Kurs West“

Cuxhaven, 06.07.21: Der Hafen von dem aus viele Schiffe Deutschland verlassen… schön wäre auch Helgoland gewesen, doch da wir schon Anfang Juli haben, wollen wir lieber mit der nächsten Ostwindlage nach Westen segeln. Bis zum Wochenende soll der Wind drehen und dann geht’s los… yeahh..

Ein paar Tage bleiben also noch und so beschäftigen wir uns mit den letzten offenen ToDo’s… Update für unsere Plotter, alle Raymarine-Geräte und die neue Wettersoftware. Geduld ist mal wieder gefordert, da die Downloadrate im Hafen sehr niedrig ist und bei rund 2 GB einige Stunden vergehen… auch die Installation hat ihre Tücken… und beim Üben mit der Wettersoftware vergehen weitere Stunden ruckzuck…

Dann die erste ungeplante Überraschung… ich klappe unser Steuerbord-Solarpanel hoch und knack ist eine Relingsstütze gebrochen… unter der Schweißnaht zur neuen Reling einfach ab… uups… das hätte ich nicht erwartet… doch bei genauer Betrachtung eine vorprogrammierte Schwachstelle, da das kurze achtere Relingsrohr nur auf dieser einen Stütze steht und vorn und hinten an den alten Relingsdrahtösen nur eingespannt ist.

Das war eine blöde Idee und kann so nicht bleiben… nur woher jetzt einen Handwerker bekommen der schweißen kann…? Die Suche schluckt viele Stunden und ist erst am nächsten Tag erfolgreich… die Fa. „Gall & Seitz“ schickt kurzfristig einen Schweißer. Super!!! Bei der Gelegenheit werden die nun erkannten Schwachstellen an der Reling ringsum nachgeschweißt… und alles wird hervorragend erledigt… jetzt ist alles bombenfest… da sollte nun nix mehr passieren. Diese Firma können wir sehr empfehlen.

Marcus und Antje kommen mit unserem Enkel erneut an Bord und wir verbringen zwei schöne Tage…. Marlon unser Enkel ist dabei natürlich wieder der Mittelpunkt und sein energiereicher Entdeckerdrang fordert abwechselnd unsere ganze Aufmerksamkeit… ungewohnt aber schön…

Samstag 10.07.21: Marcus wird uns die ersten beiden Wochen begleiten und der Abschied von Antje und Marlon fällt schwer… auch ein paar Tränen fließen… doch dann erneut Leinen los… rund eineinhalb Stunden nach Hochwasser verlassen wir um 16:00 Cuxhaven und fahren auf die Elbe raus… mit der ablaufenden Tide geht’s schnell elbabwärts der offenen Nordsee entgegen. Wir fühlen erstmals deutlich… jetzt geht’s tatsächlich richtig los…

Der Plan, ist in einem Rutsch die Ost-und Westfriesischen Inseln und auch die Traffic-Zone bei Rotterdam zu passieren. Also mindestens bis Belgien oder bei gutem Wind sogar bis Frankreich. Der Wind lässt allerdings sehr zu wünschen übrig… er kommt zwar aus der richtigen Richtung, doch löchrige 5-9 Knoten von achtern sind für unsere schwere Lady nicht viel… und so müssen wir den Großteil der Strecke motoren… das ist schade… aber was soll’s… Hauptsache erstmal eine wichtige Strecke nach Westen schlucken…

Die erste Nacht ist sehr schauklig und wir finden wenig Schlaf… wegen Neumond auch stockdunkel… aber Leuchtfeuer und andere Schiffe sind gut sichtbar. Am nächsten Tag dann eine schöne Begegnung auf See… unser Freund Armin holt mit seiner Crew sein neues Schiff aus den Niederlanden ab… wir treffen uns querab von Terschelling auf See…. er hält unter Motor direkt auf uns zu und wir dachten schon… wer kommt denn da, der scheinbar nicht ausweichen will… lustig… und die Nebelhörner tuten um die Wette…

Die zweite Nacht deutlich ruhiger und wir werden mit einem unglaublich starken Meeresleuchten belohnt… so stark haben wir es lange nicht mehr gesehen… faszinierend schön…. kommt auf den Fotos aber lange nicht so stark raus…

Montag, 12.07.21: Sechs Stunden schönes und schnelles segeln und dann verlässt uns der Wind wieder. Der neueste Wetterbericht sagt auch wenig Wind für die nächste Nacht voraus und zusätzlich für den Abend auch noch Starkregen. Die Inseln und die breite Traffic-Zone von Rotterdam haben wir hinter uns… also fällt die Entscheidung für Belgien und wir nehmen Kurs auf Zeebrugge…

Wenige Meilen vor dem Hafen zieht sich das Wetter zu… Seenebel kommt auf und Starkregen setzt ein… wir schalten das Radar dazu um besser auch Schiffe ohne AIS zu sehen…. doch dann passiert etwas Unglaubliches, was für uns zu einem Mega-Stresstest wird. Auf einen Schlag fallen alle Navigationsgeräte einschließlich Tiefenmesser und Autopilot aus… uns bleiben nur noch das Funkgerät, der Magnetkompass und die immer bereitliegenden Papierseekarten… Schock !!!… ausgerechnet jetzt und hier… keine Sicht… Untiefen… viel Schiffsverkehr… und nun?…. was tun?… ein Check der Sicherungen ergibt keine Erklärung… alles ok und trotzdem kein Strom… ratlos… ächtz… die ersten Schweißperlen auf der Stirn… 1.000 Gedanken schießen durch den Kopf… in welche Richtung geht’s zum Hafen… letzter Kurs 180°… manuelle Steuerung langsam voraus… wie weit und in welcher Richtung wird es flach?… scharf Ausschau halten!… sollen wir eine Securite-Meldung über Funk absetzen?… Nebelhorn klar!… oder was? …erstmal unbedingt ruhig bleiben… was haben wir noch… ahh das Handy mit der Navionics-App drauf… ok eine Notlösung… funktioniert… durchatmen… danach sind wir wieder auf Kurs… „Spielzeug-Navigation“ aber besser als nix… Wir rufen unseren Freund Dieter an… ein super Handwerker, der uns den entscheidenden Tipp gibt… wir überbrücken zwei Plus-Schienen am Schaltpanel und haben den Großteil unserer Instrumente zurück… nur die beiden Plotter wollen nicht mehr. Egal das reicht jedenfalls um in den Hafen von Zeebrugge zu kommen… (Nachtrag: Unsere Meinung zur o.g „Spielzeug-Navigation“ haben wir inzwischen geändert… diese Möglichkeiten sind inzwischen eine sehr gute und zuverlässige Ergänzung/Unterstützung).

Anmeldung über Channel 71 und dann an den Visitor-Steg. Dort werden wir vom Hafenmeister empfangen und bekommen einen prima Liegeplatz. Geschafft. Was für ein Abenteuer. Darauf hätten wir gerne verzichtet… doch auf See und vor Gericht ist eben alles möglich…

Repariert wird morgen… es ist bereits 21:00… jetzt erstmal ordentlich Anti-Stressgetränke tanken und den Adrenalinspiegel runterfahren… hoch die Tassen, auf das alles gut gegangen ist… das gelingt ganz gut und die Nachwehen merken wir am nächsten Morgen… auch egal, dass musste sein…

Nach dem Frühstück ist Fehlersuche und Reparieren angesagt… was nur ist die Ursache für diesen kapitalen Ausfall… doppelte Systeme und trotzdem alles weg… genau so sollte es nie passieren. Dieter wusste Rat… er berät uns telefonisch hervorragend und danach sind wir in der Lage den Fehler zu finden und zu beheben. DANKE Dieter. Letztlich war es ein Kabelbruch zum neuen Plotter, der einen neuen Wandler für das neue getrennte Navigationsnetz durchbrennen ließ… eine sicher seltene Kettenreaktion doch das war aus neuem Blickwinkel die „Achillesferse“. Ein Tag Kabelsalat und jetzt ist alles so umgeklemmt, das sowas nie mehr passieren kann. Erfahrung macht schlau… und man lernt ja nie aus… also letztlich wieder viel dazugelernt und eine Schwachstelle im System beseitigt. Alles gut gegangen und die Stimmung ist wieder gut. Auch Dank an Manfred, der uns mit seinem Super-ITler erneut bei der Surfacebook-Konfiguration geholfen hat (nun hab ich‘s kapiert) ;-). Jetzt noch einen zusätzlichen Tag in Zeebrugge zur Ruhe kommen und dann weiter Richtung Frankreich… juhuu…

Fortsetzung folgt…

„Leinen los“… wir sind unterwegs…

Die restliche Vorlaufzeit verflog wie im Zeitraffer… packen, einkaufen, einräumen… bald war jedes Fach und jeder Schrank gefüllt und wir hatten immer noch diverse Sachen zu verstauen… wohin nur damit… langsam aber stetig verschwand aber auch das irgendwo im großen Bauch unserer Lady… und der Rest wurde kurzerhand in eine freie Koje gestopft… Leesegel davor und das wird dann irgendwann später sortiert… ächz…

Dann war’s soweit… Samstag der 03.07.21 / 10:30 Motor an…..10:45 „Leinen los“ und ablegen… Unsere Kinder und Enkel sind mit an Bord und wollen uns bis Kiel begleiten… Nebelhörner tuten zum Abschied und Freunde auf der Werft winken uns zu. Ganz langsam und fast ungläubig verlässt unsere LADY BLUE den Werfthafen auf der Teerhofinsel in Richtung Trave… backbord abbiegen, dann Fahrt aufnehmen… wir sind unterwegs…!!!

Die Ufer der Trave gleiten an uns vorbei und nach rund 1,5 Stunden haben wir Travemünde und die freie Ostsee erreicht. Jetzt geht‘s nach Heiligenhafen, wo wir noch unseren Segelclub HYC besuchen wollen. Die Fahrt vergeht schnell und wir freuen uns endlich losgekommen zu sein.

Um 18:10 erreichen wir Heiligenhafen und nähern uns langsam unserem alten Liegeplatz am Steg 5… Am Steg 4 stehen schon die Ersten Freunde zur Begrüßung und blasen kräftig ins Nebelhorn… am Steg 5 legt unsere LADY BLUE dann unter dem lauten tröten vieler weiterer Nebelhörner unserer Segelfreunde vom HYC an. Was für ein toller Empfang… Gänsehaut…

Nach reichlich Sekt und freudiger Begrüßung auf dem Steg, geht’s leicht wankend zum HYC-Clubhaus. Dort gibt’s noch was zum Essen und lecker Bier… es wurde ein lustiger und sehr schöner Abend. Vielen Dank und wir freuen uns, da wir die meisten wegen Corona lange nicht gesehen haben. Nun sind zumindest alle geimpft, was ein Treffen leichter macht… wenn auch mit der gebotenen Vorsicht und im Freien.

Der nächste Morgen… geplanter Start um 10:00… wird natürlich nix… irgendwie fehlt noch die Routine… und wir lassen uns auch gerne von unserem Enkel ablenken… 😉   aber dann… ein letzter Abschied von unseren HYC-Segelfreunden….der Steg ist gut besuchet… wir freuen uns… 10:35 Motor an und um 10:45 heißt‘s erneut „Leinen los“… begleitet von einem unglaublichen Hubkonzert der Nebelhörner in das auch fremde Schiffe mit einstimmen… wir haben Tränen in den Augen… das war wirklich sehr emotional für uns… herzlichen Dank an alle die da waren… 😉

Ein paar Schiffe begleiten uns noch aus dem Hafen… allen voran Peter mit der Desireé… ein paar Fotos noch und dann geht’s weiter Richtung Kiel… kurz vor dem Sperrgebiet wartet die Johanna mit Silke und Bernd an Bord und verabschieden uns noch auf „hoher See“… ein sehr schöner Moment… tolle Freunde… 😉

Der Wind ist schwach… nimmt jedoch zu und auch noch aus der richtigen Richtung, so dass wir bis kurz vor die NOK-Schleuse segeln können. In Stickenhörn machen wir fest und unsere Kinder gehen von Bord… doch vorher gibt’s noch einen schönen Spaziergang mit dem Enkel, der ganz fasziniert war von Hunden, Möwen, Schiffen und Wasserhähnen… sehr lustig… ein weiterer Besuch ist noch in Cuxhaven geplant…

Und dann bekommen wir noch Besuch von Dörte und Jens die mit Ihrer Aurelie-Trendel eigentlich in Portugal sind… jedoch gerade auf Heimatbesuch… Wir haben uns vor 2 Jahren auf einem Medizin-Seminar kennengelernt und sie sind inzwischen erfahrene Blauwassersegler. Gerne tauschen wir Gedanken und Tipps aus und vielleicht treffen wir uns ja bald irgendwo im Süden wieder. Ruckzuck war’s wieder fast Mitternacht… unglaublich wie die Zeit verfliegt bei so spannenden Themen… aber nun ab in die Koje.

Am nächsten Morgen klingelt der Wecker um 06:00… gähn… doch wir wollen früh in den NOK… und es klappt…. Um 06:50 können wir zusammen mit einem dicken Pott und nur einer anderen Yacht in die Holtenau-Schleuse einfahren und sind schon um 07:00 auf dem Kanal… das war überraschend schnell… super !!!  Es läuft prima, mehrere dicke Pötte fahren beeindruckend nah an uns vorbei und ein Blick auf den Tidenplan der Elbe zeigt, dass wir es heute mit ablaufender Tide noch bis Cuxhaven schaffen können… die läuft dort rund 1,5 Stunden nach. Also ein bisschen rechnen, Gas geben und um 16:50 laufen wir nach rund 100 Km in die Schleuse Brunsbüttel ein. Wir sind vorerst das einzige Schiff in der Schleuse… es dauert… und mit Blick auf das enge Tidenfenster kommt etwas Unruhe auf…. dann kommt noch ein weiteres Schiff und um 17:20 können wir auf die Elbe auslaufen… freie Fahrt…

Das Wasser auf der Elbe ist deutlich rauher, doch wir haben rund 3,5 Knoten Strom mit uns und sausen mit teilweise 10 Knoten elbabwärts Richtung Cuxhaven. Das fühlt sich gut an und das Timing geht auf…kurz bevor die Tide endgültig kippt laufen wir um 18:10 in Cuxhaven ein. Erleichtert und bester Stimmung legen wir uns an den vom Hafenmeister reservierten Platz. Geschafft… jetzt erst mal einen kräftigen Manöverschluck und dann ist bis Freitag entspannen angesagt… na ja… und natürlich auch noch ein bisschen Arbeit… es gibt ja immer was zu tun, damit es nicht langweilig wird…