Ein schöner Tag auf See… der Nordwind fehlt zwar weiterhin, doch die Thermik schenkt uns eine angenehm gleichmäßige Brise, die uns mit durchschnittlich 5-6 Knoten Speed nach Süden schiebt…
Die Mündung vom Ria de Aveiro kommt langsam in Sicht und das wird auch Zeit, denn wir wollen dort noch vor Einbruch der Dunkelheit für einen Zwischenstopp ankern. Und wir haben die Info, dass dort eine starke Strömung herrscht und es besser ist, mit einlaufender Tide anzukommen… das passt auch prima in unser Timing und wir schaffen es mit 2 Knoten Strom-Unterstützung bis zu unserem Ankerplatz vor Sao Jacinto. Der Anker fällt um 20:10 auf 5 Meter Tiefe… und kurz drauf wird es sehr schnell dunkel… eine ungewohnt kurze Dämmerung… hmm da sollten wir in Zukunft etwas mehr Puffer einplanen… so die Forderung der Bordfrau… machen wir…;-)
Ein sicherer Ankerplatz, aber wegen pendelnder Fischer und Fähren nicht besonders ruhig… doch für eine Nacht völlig ok. Am nächsten Tag ist ab 13:00 wieder Thermik angesagt… perfekt für den weiteren Kurs nach Süden… das wollen wir nutzen und gehen um 12:00 Uhr ankerauf…
Schnell kommen wir mit ablaufender Tide an den vielen kleinen Fischerbooten vorbei, die hier im Fluss zu Dutzenden angeln. Noch vor der Mündung, setzen wir das Groß und erreichen kurz drauf die offene See… Ein Blick aufs AIS zeigt von Norden kommend eine zweite Lady Blue… hej was für ein Zufall… wir haben schon von ihr gehört, aber uns noch nicht getroffen…Da hören wir den Funk-Ruf „Lady Blue… Lady Blue“ für „Lady Blue bitte kommen“… das ist ja lustig und bzgl. der gleichen Schiffsnamen eine absolute Seltenheit. Kurzer Infoaustausch über Funk und irgendwann werden wir uns auch persönlich treffen… 🙂
Erst nach 14:00 Uhr ist die Thermik endlich stark genug, um die große Genua zu setzen und der Motor hat Pause… Ruhe… herrlich… das Wasser gurgelt an der Bordwand entlang und wir machen gute Fahrt. Nur 35 Meilen sind es heute… ein Klacks… und so kommt ein paar Stunden später schon die nächste Flussmündung in Sicht… der Rio Mondego mit seinem bekannten Badeort Figueira da Foz. Über Funk haben wir keine klare Antwort bekommen, wo wir anlegen dürfen… fahren dennoch in den Hafen vor den Arrival-Pier, der mit einem tankenden Schiff besetzt ist und warten… dann endlich eine klare Info über Funk… wir können uns einen Platz am ersten Pier aussuchen… prima… kurz vor 17:00 Uhr liegen wir dort fest.
Uns gefällt der Ort sehr gut und die Liegekosten sind günstig. Das Beste hier ist für uns die riesige Markthalle direkt vor der Marina… insbesondere für Obst, Gemüse und frischen Fisch… Prima und ganz unser Ding… 🙂
Schön ist auch, dass an den nächsten Tagen vier weitere deutsche Schiffe ankommen… alle mit Kindern in unterschiedlichem Alter an Bord… ein Highlight für die Kinder… dabei ist auch die zweite Lady Blue, die wir nun endlich auch persönlich kennen lernen… gemeinsam haben wir einen lustigen Abend im Cockpit der Big Bubble… 🙂 …und wir finden es ganz toll wie diese Familien-Crews die Herausforderungen (teilweise mit Schulunterricht an Bord) bewältigen… super!!!
Das Wetter sitzt uns im Nacken… der Wind soll auf Süd drehen und dann für ein paar Tage so bleiben… das passt so gar nicht in unsere Planung, also nutzen wir am 04.09. die Möglichkeit noch vor dem Winddreher weiter nach Süden in Richtung Lissabon zu kommen… und das bedeutet für uns, Nazaré und Peniche auslassen und einen Nachtschlag mit rund 100 Meilen… machen wir… was soll’s… Hauptsache weiter „Kurs Süd“…
Leinen los um 12:45… und 40 Minuten später steht unser Parasail wieder und schiebt uns mit der inzwischen zuverlässigen Thermik vorbei an Nazarè in Richtung Peniche… Bis 19:30 sind rund 40 Meilen geschafft, doch dann schläft der Wind ein und der Motor muss wieder ran…
Nachts mit Motor… das ist in Küstennähe immer so eine ungewisse Sache, da es hier viele Fischernetzte, Reusen oder Ähnliches gibt, was man im Dunkeln nicht sieht und im Propeller einfangen kann… unsere Lady hat dafür zwar einen starken Leinenabschneider am Prob montiert, doch Probleme kann sowas trotzdem machen… also halten wir großen Abstand zur Küste…. und wir haben Glück…es läuft alles gut… eine klare Nacht die gar nicht so wirklich dunkel wird… der Mond zeigt sich zwar nicht, aber die Sterne leuchten auf uns herab… soweit also alles prima…
Um 05:00 Uhr runden wir Cabo Rosa und nähern uns von Westen Cascais… Es ist nicht mehr weit, doch jetzt wird es unerwartet spannend… Der leichte Schiebe-Wind hat auf Süd gedreht und es zieht langsam Nebel auf… immer dichter… hmm… gar nicht gut… das hatten wir nicht auf dem Schirm und wir sehen zunehmend immer weniger und dann gar nichts mehr… puhh…fühlt sich ganz doof an… Also Geschwindigkeit reduzieren, Bordfrau als zweiten Ausguck wecken und genau Radar und AIS beobachten… so schleichen wir eine halbe Stunde dahin… nur noch wenige Meilen bis Cascais und wir beschließen dort zu ankern. Vor Cascais gibt es eine schöne große Ankerbucht und bestimmt können wir uns da auch bei Nebel reintasten…
Mit zunehmender Nähe zum Land lichtet sich der Nebel etwas und auf der davorliegenden Reede schälen sich gespenstisch zwei große Rahsegler aus dem Nebel… (u.a. die „FRYDERYK CHOPIN“)… dahinter erkennen wir schemenhaft mehrere Schiffe vor Anker und nutzen den Moment, um in das überraschend dichte Ankerfeld einzutauchen und um 06:30 Uhr den Anker fallen zu lassen. Es wird langsam hell… wir sind froh und erleichtert hier zu sein, insbesondere weil sich der Nebel jetzt auch hier wieder so zuzieht, das wir auch die Nachbarschiffe plötzlich nicht mehr sehen. Yeahh… das ist also ganz gut für uns gelaufen… jetzt erst mal ab in die Koje und ausschlafen… 🙂
Um 11:00 ist immer noch dichter Nebel… doch ganz langsam fängt er an zu weichen und die Sonne bemüht sich kräftig, bis er sich dann mittags endlich auflöst und die Sicht auf die Küste und dass gesamte Ankerfeld freigibt. Sehr schön hier zu liegen… zumindest solange der Wind aus Süd nicht zunimmt. Ein uns bekanntes Schiff liegt auch hier… die Tosimotu, die jetzt ankerauf geht, um nach Lissabon zu fahren… kurze Begrüßung beim Vorbeifahren und dann tuckert sie davon… Wir wollen hier noch einen Tag bleiben und genießen den schönen Ankerplatz…
Montag, 06.09.21: Wieder gibt es Nebel… nicht so dicht wie am Vortag… wir warten bis 12:00 Uhr und holen dann den Anker hoch. Unser Ziel ist die Marina Oeiras, die nur 5 Meilen entfernt ist… ein kleiner Geheimtipp, doch man sollte vorher unbedingt einen Platz reservieren, da es ein sehr kleiner Hafen mit nur wenigen freien Plätzen ist. Das haben wir getan und bekommen einen schönen Platz am zweiten Steg…
Von hier aus ist es nicht weit nach Lissabon… 10-15 Minuten zu Fuß am Ufer des Rio Tejo entlang bis zur nächsten Bucht… vor dem Mc Donald die Unterführung unter der Straße durch und dann nach rechts zur Haltestelle „Santo Amaro“… ca. 20 Minuten Fahrtzeit bis zur Endstation… und wir steigen in der Nähe der Altstadt aus… Die Hauptstadt Portugals präsentiert sich hier mit einem großen eindrucksvollen Platz, dem „Praça do Comércio“, der sich zum Fluss hin öffnet… und in die andere Richtung in eine breite Fußgängerzone mündet…
viele Geschäfte und buntes Treiben. In einer der Querstraßen ist auch eine Haltestelle der alten Straßenbahn „Elétrico“ (Linie 28 ist besonders zu empfehlen)… aber sie ist rappelvoll… und so erkunden wir zu Fuß die Stadt… insbesondere die Altstadt mit ihren überwiegend gut erhaltenen alten Bauwerken, Kirchen und der Burg „Castelo de São Jorge“. Es gibt hier auch viele Tuktuks… fast so wie in Thailand… lustig… nur die Preise dafür sind etwas überzogen und die relativ kleinen Runden kann man auch gut zu Fuß machen…
Wir lassen uns treiben… das ist für Lissabon ohnehin die beste Strategie… und die Portugiesen sind sehr nett und hilfsbereit… erklären uns auch, wie wir am besten zum höchsten und für uns schönsten Aussichtspunkt von Lissabon kommen… dem „Miradouro Nossa Senhora do Monte“… die Aussicht ist der Hammer… über die Dächer der Stadt und die historischen Bauwerke hinweg… mit Blick auf den Fluss Tejo mit einer sehr imposanten Brücke, die Ponte 25 de Abril… ein 3,2 km langer Brückenzug, der Ähnlichkeiten mit der Golden Gate Bridge in San Francisco hat.
Wie im Flug vergeht der Tag und wir schlendern bergab über diverse Treppen, kleine und große Straßen, bis hin zum Stadtteil Bairro Alto, wo wir ein sehr schönes Straßen-Restaurant finden… nach einer leckeren Stärkung geht’s dann durch schön beleuchtete Straßen und Gassen zurück zum Bahnhof und nach Oeiras…. ein gelungener Ausflug, der bei uns einen tollen Eindruck hinterlassen hat.
Donnerstag, 09.09.21: Wir wollen weiter nach Süden und legen bereits um 09:00 ab. Im Hafen ist es ruhig… kaum Bewegung und wenig Wind… draußen ist noch für eine Stunde ablaufendes Wasser und der Plan ist, damit entspannt rauszufahren, bevor wir wieder auf Südkurs gehen… Wir schlängeln uns durch die enge Ausfahrt… die Strömung ist sofort gut sichtbar und wir biegen zügig in den Tejo-Strom ein… eieiei… 3 Knoten Strömung… stärker als erwartet… und was ist da voraus???… da kocht das Wasser… die Dünung prallt dort kräftig mit der Strömung zusammen…. das wird interessant… und verflixt ausgerechnet diesmal sind die Fender noch draußen und die Leinen nicht weggeräumt… das rächt sich nun… der kurze steile Seegang nimmt schlagartig deutlich zu… geradeso schaffe ich es noch die Fender zumindest innenbords zu holen und die Leinen zu sichern… und dann geht’s richtig ab…. Der Bug unserer Lady taucht massiv in eine Welle ein… und erste wirklich große Brecher geht voll übers Deck…. Kopf einziehen… wir werden voll überspült und das Wasser rauscht übers Deck. Zum Glück sind alle Luken zu, sonst hätten wir jetzt bestimmt ein paar hundert Liter Wasser im Schiff… jetzt sind wir auf Deck wieder voll eingesalzen… äähh das war nicht so toll… Handsteuerung… aufpassen was noch so anrollt und raus aus der Fahrrinne…. übers Flach nach Süden hinweg und dann nimmt der Spuk langsam ab. Als wir die 20-Meterlinie erreichen ist es wieder ruhig und friedlich… tja so schnell kann‘s gehen mit Tide/Strom gegen Welle/Dünung. Doch unsere Lady ist ein richtiges Seeschiff und kann das schon ab. Nun aber hoch mit dem Parasail, das inzwischen unser Lieblingssegel ist… und weiter Kurs Süd…
12:30… wir passieren gerade das Kap „Cabo Espichel“ als uns ein anderes Schiff auf Funk anruft. Eine Warnung für uns !!! …genau auf unserem Kurs in Richtung Sines gab es gestern zwei Orca-Angriffe auf Segelyachten… uuhh… sie sind jetzt also in der Nähe… kein gutes Gefühl. Wir entscheiden uns weiter zu segeln… die meisten Angriffe gab es bisher auf Segelyachten die unter Motor fuhren… vielleicht hören sie uns unter Segeln nicht… falls doch, so dürfte unsere Lady mit ihrem Langkiel und gut geschützten Ruder einem Angriff sicher standhalten… ein blödes Gefühl bleibt aber trotzdem… und wir halten scharf Ausschau… ob evtl. eine lange Rückenflosse eines Schwertwals auftaucht…
Da genau voraus… was ist da auf dem Wasser???… Vögel/Möwen???… es sind Basstölpel… ein großer Schwarm… Wir haben gehört, wo Basstölpel sind, sind sehr wahrscheinlich auch Delfine und wo Delfine sind, sind keine Orcas… sehr beruhigend… Der Wind nimmt auf über 14 Knoten zu und unsere Lady fliegt mit dem riesen Parasail mit 7-8 Knoten übers Wasser. Im Spaß denken wir dabei… wenn uns jetzt Orcas sehen, dann denken sie bestimmt, wir sind auf der Flucht… und dann brauchen sie uns ja auch nicht mehr angreifen… ha… aber bisher weiß noch niemand wie diese tonnenschweren Tiere wirklich wirklich ticken… vielleicht wollen sie ja auch nur spielen…
Wir haben Glück… alles läuft prima und wir bergen kurz vor der Hafeneinfahrt von Sines unseren Parasail und gehen vor der Marina vor Anker. Prima, das wäre geschafft. Von der Amazone, die im Hafen liegt, erfahren wir, dass heute etwas weiter südlich 2 weitere Orca-Angriffe stattfanden… oh wie crazy… auf sowas musste man früher nicht auch noch achten… das ist echt doof und wir hoffen das die Orca’s so wie im letzten Jahr bald nach Norden ziehen… dann wäre das südliche Revier, wo wir hinwollen, wieder safe… wir werden sehen…
Die Orca-Angriffe (zumindest die offiziell gemeldeten Fälle) sind über folgenden Link zu sehen: https://www.orcaiberica.org/last-interactions